Rudolf Steiner: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Datei:Steiner 1915.jpg|thumb|Rudolf Steiner (1861–1925), Begründer der Anthroposophie]]
[[Datei:Steiner 1915.jpg|thumb|Rudolf Steiner (1861–1925), Begründer der Anthroposophie]]
'''Rudolf Steiner''' (* 25. oder 27. Februar<ref>In den offiziellen Dokumenten wurde, wie damals üblich, der 27. Februar angegeben, das Taufdatum. In einer handschriftlichen Aufzeichnung Steiners steht: ''„Meine Geburt fällt auf den 25. Februar 1861. Zwei Tage später wurde ich getauft.“'' (erstmals dokumentiert in Beiträge zur Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe, Heft 49/50). Gemäß im Jahr 2009 aufgetauchten neuen  Dokumenten ist der 27. Februar der Geburtstag und auch als solcher in den Taufschein eingetragen. Das meint jedenfalls Günter Aschoff (vgl. ''Rudolf Steiners Geburtstag am 27. Februar 1861'' ''– Neue Dokumente''. In: Das Goetheanum, Nr. 9/2009, S. 3 ff ([http://www.dasgoetheanum.ch/fileadmin/wochenschrift/downloads/Forschungsbericht_Aschoff.pdf PDF]). Laut Aschoff sei Steiner zeitweise selbst fälschlicherweise davon ausgegangen, dass er am 25. Februar geboren worden sei. Endgültig geklärt ist die Geburtstagsfrage damit aber nicht. Auch Aschoff schließt sehr vorsichtig mit der Aussage: „All dies und ebenso das, was Rudolf Steiner in Vorträgen gesagt und selbst veröffentlicht hat, weist auf den 27. Februar 1861 als sein Geburtsdatum hin“. Dem englischen Astrologen und Theosophen [[a:Alan Leo|Alan Leo]] hat Steiner vermutlich während des Münchner Kongresses 1907 auf dessen Frage als Geburtsstunde 23:15h gennannt. Alan Leo erstellte nach diesen Angaben das [[a:Geburtshoroskop Rudolf Steiners|Geburtshoroskop Rudolf Steiners]], das in dessen [https://archive.org/details/artofsynthesis00leoa The Art of Synthesis] (1908 schon in 2. Auflage erschienen) veröffentlicht wurde ([http://www.odysseetheater.com/jump.php?url=http://www.odysseetheater.com/ftp/anthroposophie/Rudolf_Steiner/Rudolf_Steiner_Geburtshoroskop_(Alan_Leo).pdf PDF]).</ref><ref>Rudolf Steiners Geburtshoroskop für den 27. Februar erstellte auch der Astrologe [http://www.handlesen.de/index.php/de/vita Manfred Magg]: [http://www.handlesen.de/index.php/de/handlesen/handlesen-analysen#AnkerSteiner Rudolf Steiner – Geburtshoroskop]. Magg weist dabei insbesondere auf wesentlichen Unterschiede in Hinblick auf die Mondstellung hin. Geht man von einer Geburt am 27. aus, steht der Mond im Tierkreiszeichen Waage, was plausibel erscheint ([http://anthrowiki.at/images/4/42/Rudolf_Steiner_Geburtshoroskop_27.2.1861.pdf PDF]).</ref><ref>Vgl. auch Thomas Meyers Argumentation für den 27. Februar im Europäer, Jg.15, Nr. 11 (Sept. 2011), S. 7–9, PDF: [http://www.perseus.ch/wp-content/uploads/2012/03/Rudolf-Steiners-wahrer-Geburtstag.pdf].</ref> 1861 in Kraljevec, damals Kaisertum Österreich, heute Donji Kraljevec in [[w:Kroatien|Kroatien]]; † 30. März 1925 in Dornach bei [[w:Basel|Basel]]), war ein österreichischer [[a:|Johann Wolfgang von Goethe]]-Forscher, Philosoph und [[a:Geistesforscher|Geistesforscher]], der durch die von ihm systematisch entwickelte [[a:Anthroposophie|Anthroposophie]] einen neuen, zukunftsweisenden wissenschaftlichen Zugang zur [[a:Geistige Welt|geistigen Welt]] eröffnete.
'''Rudolf Steiner''' (* 25. oder 27. Februar<ref>In den offiziellen Dokumenten wurde, wie damals üblich, der 27. Februar angegeben, das Taufdatum. In einer handschriftlichen Aufzeichnung Steiners steht: ''„Meine Geburt fällt auf den 25. Februar 1861. Zwei Tage später wurde ich getauft.“'' (erstmals dokumentiert in Beiträge zur Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe, Heft 49/50). Gemäß im Jahr 2009 aufgetauchten neuen  Dokumenten ist der 27. Februar der Geburtstag und auch als solcher in den Taufschein eingetragen. Das meint jedenfalls Günter Aschoff (vgl. ''Rudolf Steiners Geburtstag am 27. Februar 1861'' ''– Neue Dokumente''. In: Das Goetheanum, Nr. 9/2009, S. 3 ff ([http://www.dasgoetheanum.ch/fileadmin/wochenschrift/downloads/Forschungsbericht_Aschoff.pdf PDF]). Laut Aschoff sei Steiner zeitweise selbst fälschlicherweise davon ausgegangen, dass er am 25. Februar geboren worden sei. Endgültig geklärt ist die Geburtstagsfrage damit aber nicht. Auch Aschoff schließt sehr vorsichtig mit der Aussage: „All dies und ebenso das, was Rudolf Steiner in Vorträgen gesagt und selbst veröffentlicht hat, weist auf den 27. Februar 1861 als sein Geburtsdatum hin“. Dem englischen Astrologen und Theosophen [[a:Alan Leo|Alan Leo]] hat Steiner vermutlich während des Münchner Kongresses 1907 auf dessen Frage als Geburtsstunde 23:15h gennannt. Alan Leo erstellte nach diesen Angaben das [[a:Geburtshoroskop Rudolf Steiners|Geburtshoroskop Rudolf Steiners]], das in dessen [https://archive.org/details/artofsynthesis00leoa The Art of Synthesis] (1908 schon in 2. Auflage erschienen) veröffentlicht wurde ([http://www.odysseetheater.com/jump.php?url=http://www.odysseetheater.com/ftp/anthroposophie/Rudolf_Steiner/Rudolf_Steiner_Geburtshoroskop_(Alan_Leo).pdf PDF]).</ref><ref>Rudolf Steiners Geburtshoroskop für den 27. Februar erstellte auch der Astrologe [http://www.handlesen.de/index.php/de/vita Manfred Magg]: [http://www.handlesen.de/index.php/de/handlesen/handlesen-analysen#AnkerSteiner ''Rudolf Steiner – Geburtshoroskop.''] Magg weist dabei insbesondere auf wesentlichen Unterschiede in Hinblick auf die Mondstellung hin. Geht man von einer Geburt am 27. aus, steht der Mond im Tierkreiszeichen Waage, was plausibel erscheint ([http://anthrowiki.at/images/4/42/Rudolf_Steiner_Geburtshoroskop_27.2.1861.pdf PDF]).</ref><ref>Vgl. auch Thomas Meyers Argumentation für den 27. Februar im Europäer, Jg.15, Nr. 11 (Sept. 2011), S. 7–9, PDF: [http://www.perseus.ch/wp-content/uploads/2012/03/Rudolf-Steiners-wahrer-Geburtstag.pdf].</ref> 1861 in Kraljevec, damals Kaisertum Österreich, heute Donji Kraljevec in [[w:Kroatien|Kroatien]]; †&nbsp;30.&nbsp;März&nbsp;1925 in Dornach bei [[w:Basel|Basel]]), war ein österreichischer [[a:Johann Wolfgang von Goethe|Johann Wolfgang von Goethe]]-Forscher, Philosoph und [[a:Geistesforscher|Geistesforscher]], der durch die von ihm systematisch entwickelte [[a:Anthroposophie|Anthroposophie]] einen neuen, zukunftsweisenden wissenschaftlichen Zugang zur [[a:Geistige Welt|geistigen Welt]] eröffnete.


== Überblick über Steiners Werk ==
== Überblick über Steiners Werk ==
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== Leben und Schaffen ==
== Leben und Schaffen ==
=== Kindheit ===
=== Kindheit ===
[[Datei:Kraljevec Geburtshaus.jpg|thumb|300px|Das vermutliche Wohnhaus der Familie Steiner in [[a:Donji Kraljevec|Kraljevec]]. Rudolf Steiners Geburtshaus war hingegen mutmaßlich das Stationshaus an der Südbahnstrecke, welches im ersten Weltkrieg zerstört wurde.<ref>Oskar Schmiedel: ''Aus dem Lande, in dem Rudolf Steiner seine Kindheit und Jugend verbrachte''. Verlag der Rudolf Steiner-Nachlaßverwaltung, Dornach, 1952, Seite 13</ref>]]
[[Datei:Kraljevec Geburtshaus.jpg|thumb|300px|Das vermutliche Wohnhaus der Familie Steiner in [[a:Donji Kraljevec|Kraljevec]]. Rudolf Steiners Geburtshaus war hingegen mutmaßlich das Stationshaus an der Südbahnstrecke, welches im ersten Weltkrieg zerstört wurde.<ref>Oskar Schmiedel: ''Aus dem Lande, in dem Rudolf Steiner seine Kindheit und Jugend verbrachte''. Verlag der Rudolf Steiner-Nachlaßverwaltung, Dornach, 1952, Seite 13.</ref>]]


Rudolf Steiner hat in Kraljevec, welches damals dem Kaisertum Österreich angehörte, (heute in Kroatien gelegen), das Licht der Welt erblickt. Sein Elternhaus war freigeistig, der Vater, [[a:Johann Steiner|Johann Steiner]] (1829–1910), war Eisenbahnbeamter; seiner Mutter [[a:Franziska Steiner|Franziska Steiner]], geborener Blie (1834–1918), ist er stets in einem liebevollen gemüthaften Verhältnis verbunden geblieben. Beide Elternteile stammten aus dem niederösterreichischen [[w:Waldviertel|Waldviertel]], wohin sie auch wieder zurückkehrten, nachdem der Vater in den Ruhestand getreten war. Rudolf Steiner hatte zwei jüngere Geschwister: Leopoldine (1864–1927), die als Näherin bis zu deren Tod bei den Eltern wohnte, und Gustav (1866–1941), der gehörlos geboren wurde und zeitlebens auf fremde Hilfe angewiesen war. Der Vater war zuvor als Förster und Jäger in Diensten des Horner Reichsgrafen [[w:Hoyos (Adelsgeschlecht)|Hoyos]] (eines Sohns von Graf [[w:Johann Ernst Hoyos-Sprinzenstein|Johann Ernst Hoyos-Sprinzenstein]]) tätig; als dieser ihm 1860 seine Zustimmung zur Hochzeit verweigerte, quittierte er den Dienst und fand eine Anstellung als Bahntelegrafist bei der Südbahn.
Rudolf Steiner hat in Kraljevec, welches damals dem Kaisertum Österreich angehörte, (heute in Kroatien gelegen), das Licht der Welt erblickt. Sein Elternhaus war freigeistig, der Vater, [[a:Johann Steiner|Johann Steiner]] (1829–1910), war Eisenbahnbeamter; seiner Mutter [[a:Franziska Steiner|Franziska Steiner]], geborene Blie (1834–1918), ist er stets in einem liebevollen gemüthaften Verhältnis verbunden geblieben. Beide Elternteile stammten aus dem niederösterreichischen [[w:Waldviertel|Waldviertel]], wohin sie auch wieder zurückkehrten, nachdem der Vater in den Ruhestand getreten war. Rudolf Steiner hatte zwei jüngere Geschwister: Leopoldine (1864–1927), die als Näherin bis zu deren Tod bei den Eltern wohnte, und Gustav (1866–1941), der gehörlos geboren wurde und zeitlebens auf fremde Hilfe angewiesen war. Der Vater war zuvor als Förster und Jäger in Diensten des Horner Reichsgrafen [[w:Hoyos (Adelsgeschlecht)|Hoyos]] (eines Sohns von Graf [[w:Johann Ernst Hoyos-Sprinzenstein|Johann Ernst Hoyos-Sprinzenstein]]) tätig; als dieser ihm 1860 seine Zustimmung zur Hochzeit verweigerte, quittierte er den Dienst und fand eine Anstellung als Bahntelegrafist bei der Südbahn.


[[Datei:Johann Steiner.jpg|mini|Johann Steiner (1829–1910), der Vater Rudolf Steiners]]
[[Datei:Johann Steiner.jpg|mini|Johann Steiner (1829–1910), der Vater Rudolf Steiners]]
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Die Familie zog mehrmals um: 1862 nach Mödling, ein Jahr später nach Pottschach und 1869 nach Neudörfl. Ein tiefes Rätsel bot sich ihm durch einen in Brand geratenen Eisenbahnwagen:
Die Familie zog mehrmals um: 1862 nach Mödling, ein Jahr später nach Pottschach und 1869 nach Neudörfl. Ein tiefes Rätsel bot sich ihm durch einen in Brand geratenen Eisenbahnwagen:


:„Einmal gab es auf der Bahnstation etwas ganz «Erschütterndes». Ein Eisenbahnzug mit Frachtgütern sauste heran. Mein Vater sah ihm entgegen. Ein hinterer Wagen stand in Flammen. Das Zugpersonal hatte nichts davon bemerkt. Der Zug kam bis zu unserer Station brennend heran. Alles, was sich da abspielte, machte einen tiefen Eindruck auf mich. In einem Wagen war Feuer durch einen leicht entzündlichen Stoff entstanden. Lange Zeit beschäftigte mich die Frage, wie dergleichen geschehen kann. Was mir meine Umgebung darüber sagte, war, wie in ähnlichen Dingen, für mich nicht befriedigend. Ich war voller Fragen; und mußte diese unbeantwortet mit mir herumtragen. So wurde ich acht Jahre alt. — Als ich im achten Lebensjahre stand, übersiedelte meine Familie nach Neudörfl, einem kleinen ungarischen Dorfe.“<ref>Rudolf Steiner: ''Mein Lebensgang''. Rudolf Steiner Verlag, Dornach, 2000, S. 20.</ref>
:„Einmal gab es auf der Bahnstation etwas ganz «Erschütterndes». Ein Eisenbahnzug mit Frachtgütern sauste heran. Mein Vater sah ihm entgegen. Ein hinterer Wagen stand in Flammen. Das Zugpersonal hatte nichts davon bemerkt. Der Zug kam bis zu unserer Station brennend heran. Alles, was sich da abspielte, machte einen tiefen Eindruck auf mich. In einem Wagen war Feuer durch einen leicht entzündlichen Stoff entstanden. Lange Zeit beschäftigte mich die Frage, wie dergleichen geschehen kann. Was mir meine Umgebung darüber sagte, war, wie in ähnlichen Dingen, für mich nicht befriedigend. Ich war voller Fragen; und mußte diese unbeantwortet mit mir herumtragen. So wurde ich acht Jahre alt. — Als ich im achten Lebensjahre stand, übersiedelte meine Familie nach Neudörfl, einem kleinen ungarischen Dorfe.“<ref>Rudolf Steiner: ''Mein Lebensgang''. GA 28. 9. Auflage. Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2000, ISBN 3-7274-0280-6, S. 20. ([https://odysseetheater.org/GA/Buecher/GA_028.pdf#page=20&view=Fit Online])</ref>


Nach dem Umzug nach Neudörfl, besuchte Rudolf Steiner zunächst die örtliche Dorfschule und anschließend das Realgymnasium in Wiener Neustadt.
Nach dem Umzug nach Neudörfl, besuchte Rudolf Steiner zunächst die örtliche Dorfschule und anschließend das Realgymnasium in [[w:Wiener Neustadt|Wiener Neustadt]].


Ein übersinnliches Erlebnis aus dieser Zeit, machte einen besonders tiefen Eindruck auf ihn:
Ein übersinnliches Erlebnis aus dieser Zeit, machte einen besonders tiefen Eindruck auf ihn:


:„Aber auch noch etwas anderes bot sich dem Knaben. Da saß er eines Tages in jenem Wartesaale ganz allein auf einer Bank. In der einen Ecke war der Ofen, an einer vom Ofen abgelegenen Wand war eine Tür; in der Ecke, von welcher aus man zur Tür und zum Ofen schauen konnte, saß der Knabe. Der war dazumal noch sehr, sehr jung. Und als er so dasaß, tat sich die Tür auf; er mußte es natürlich finden, daß eine Persönlichkeit, eine Frauenspersönlichkeit, zur Türe hereintrat, die er früher nie gesehen hatte, die aber einem Familiengliede außerordentlich ähnlich sah. Die Frauenspersönlichkeit trat zur Türe herein, ging bis in die Mitte der Stube, machte Gebärden und sprach auch Worte, die etwa in der folgenden Weise wiedergegeben werden können: «Versuche jetzt und später, so viel du kannst», so etwa sprach sie zu dem Knaben, «für mich zu tun!» Dann war sie noch eine Weile anwesend unter Gebärden, die nicht mehr aus der Seele verschwinden können, wenn man sie gesehen hat, ging zum Ofen hin und verschwand in den Ofen hinein. Der Eindruck war ein sehr großer, der auf den Knaben durch dieses Ereignis gemacht worden war. Der Knabe hatte niemanden in der Familie, zu dem er von so etwas hätte sprechen können, und zwar aus dem Grunde, weil er schon dazumal die herbsten Worte über seinen dummen Aberglauben hätte hören müssen, wenn er von diesem Ereignis Mitteilung gemacht hätte. Es stellte sich nach diesem Ereignis nun folgendes ein. Der Vater, der sonst ein ganz heiterer Mann war, wurde nach jenem Tage recht traurig, und der Knabe konnte sehen, daß der Vater etwas nicht sagen wollte, was er wußte. Nachdem nun einige Tage vergangen waren und ein anderes Familienglied in der entsprechenden Weise vorbereitet worden war, stellte sich doch heraus, was geschehen war. An einem Orte, der für die Denkweise der Leute, um die es sich da handelt, recht weit von jenem Bahnhofe entfernt war, hatte sich in derselben Stunde, in welcher im Wartesaale dem kleinen Knaben die Gestalt erschienen war, ein sehr nahestehendes Familienglied selbst den Tod gegeben.“<ref>Rudolf Steiner: ''Autobiographischer Vortrag über die Kindheits- und Jugendjahre bis zur Weimarer Zeit''. In: ''Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe''. Heft Nr. 83/84</ref>
:„Aber auch noch etwas anderes bot sich dem Knaben. Da saß er eines Tages in jenem Wartesaale ganz allein auf einer Bank. In der einen Ecke war der Ofen, an einer vom Ofen abgelegenen Wand war eine Tür; in der Ecke, von welcher aus man zur Tür und zum Ofen schauen konnte, saß der Knabe. Der war dazumal noch sehr, sehr jung. Und als er so dasaß, tat sich die Tür auf; er mußte es natürlich finden, daß eine Persönlichkeit, eine Frauenspersönlichkeit, zur Türe hereintrat, die er früher nie gesehen hatte, die aber einem Familiengliede außerordentlich ähnlich sah. Die Frauenspersönlichkeit trat zur Türe herein, ging bis in die Mitte der Stube, machte Gebärden und sprach auch Worte, die etwa in der folgenden Weise wiedergegeben werden können: «Versuche jetzt und später, so viel du kannst», so etwa sprach sie zu dem Knaben, «für mich zu tun!» Dann war sie noch eine Weile anwesend unter Gebärden, die nicht mehr aus der Seele verschwinden können, wenn man sie gesehen hat, ging zum Ofen hin und verschwand in den Ofen hinein. Der Eindruck war ein sehr großer, der auf den Knaben durch dieses Ereignis gemacht worden war. Der Knabe hatte niemanden in der Familie, zu dem er von so etwas hätte sprechen können, und zwar aus dem Grunde, weil er schon dazumal die herbsten Worte über seinen dummen Aberglauben hätte hören müssen, wenn er von diesem Ereignis Mitteilung gemacht hätte. Es stellte sich nach diesem Ereignis nun folgendes ein. Der Vater, der sonst ein ganz heiterer Mann war, wurde nach jenem Tage recht traurig, und der Knabe konnte sehen, daß der Vater etwas nicht sagen wollte, was er wußte. Nachdem nun einige Tage vergangen waren und ein anderes Familienglied in der entsprechenden Weise vorbereitet worden war, stellte sich doch heraus, was geschehen war. An einem Orte, der für die Denkweise der Leute, um die es sich da handelt, recht weit von jenem Bahnhofe entfernt war, hatte sich in derselben Stunde, in welcher im Wartesaale dem kleinen Knaben die Gestalt erschienen war, ein sehr nahestehendes Familienglied selbst den Tod gegeben.“<ref>Rudolf Steiner: ''Autobiographischer Vortrag über die Kindheits- und Jugendjahre bis zur Weimarer Zeit''. In: ''Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe''. Heft Nr. 83/84.</ref>


Für den Ministranten waren auch die Begegnungen mit Mönchen aus der Nachbarschaft der Anlass zu drängenden Fragen geworden:
Für den Ministranten waren auch die Begegnungen mit Mönchen aus der Nachbarschaft der Anlass zu drängenden Fragen geworden:


:„Den Mönchen begegnete ich oft auf meinen Spaziergängen. Ich weiß noch, wie gerne ich von ihnen wäre angesprochen worden. Sie taten es nie. Und so trug ich von der Begegnung nur immer einen unbestimmten, aber feierlichen Eindruck davon, der mir immer lange nachging. Es war in meinem neunten Lebensjahre, da setzte sich in mir die Idee fest: im Zusammenhange mit den Aufgaben dieser Mönche müssen wichtige Dinge sein, die ich kennen lernen müsse. Auch da war es wieder so, daß ich voller Fragen war, die ich unbeantwortet mit mir herumtragen mußte.“<ref>Rudolf Steiner: ''Mein Lebensgang''. Rudolf Steiner Verlag, Dornach, 2000, S. 22 f.</ref>
:„Den Mönchen begegnete ich oft auf meinen Spaziergängen. Ich weiß noch, wie gerne ich von ihnen wäre angesprochen worden. Sie taten es nie. Und so trug ich von der Begegnung nur immer einen unbestimmten, aber feierlichen Eindruck davon, der mir immer lange nachging. Es war in meinem neunten Lebensjahre, da setzte sich in mir die Idee fest: im Zusammenhange mit den Aufgaben dieser Mönche müssen wichtige Dinge sein, die ich kennen lernen müsse. Auch da war es wieder so, daß ich voller Fragen war, die ich unbeantwortet mit mir herumtragen mußte.“<ref>Rudolf Steiner: ''Mein Lebensgang''. ebd. S. 22 f.</ref>


Im Geschichtsunterricht beschäftigte er sich schon im frühen Alter mit [[a:Immanuel Kant|Immanuel Kants]] [[w:Kritik der reinen Vernunft|Kritik der reinen Vernunft]]:
Im Geschichtsunterricht beschäftigte er sich schon im frühen Alter mit [[a:Immanuel Kant|Immanuel Kants]] [[w:Kritik der reinen Vernunft|Kritik der reinen Vernunft]]:


:„Ich trennte nun die einzelnen Bogen des Kantbüchleins auseinander, heftete sie in das Geschichtsbuch ein, das ich in der Unterrichtsstunde vor mir liegen hatte, und las nun Kant, während vom Katheder herunter die Geschichte «gelehrt» wurde. Das war natürlich gegenüber der Schuldisziplin ein großes Unrecht; aber es störte niemand und es beeinträchtigte so wenig, was von mir verlangt wurde, daß ich damals in der Geschichte die Note «vorzüglich» bekam.“<ref>Rudolf Steiner: ''Mein Lebensgang''. Rudolf Steiner Verlag, Dornach, 2000, S. 43.</ref>
:„Ich trennte nun die einzelnen Bogen des Kantbüchleins auseinander, heftete sie in das Geschichtsbuch ein, das ich in der Unterrichtsstunde vor mir liegen hatte, und las nun Kant, während vom Katheder herunter die Geschichte «gelehrt» wurde. Das war natürlich gegenüber der Schuldisziplin ein großes Unrecht; aber es störte niemand und es beeinträchtigte so wenig, was von mir verlangt wurde, daß ich damals in der Geschichte die Note «vorzüglich» bekam.“<ref>Rudolf Steiner: ''Mein Lebensgang''. ebd. S. 43.</ref>


=== Als Student in Wien ===
=== Als Student in Wien ===
[[Bild:Steiner als Abiturient.jpg|thumb|Als Abiturient 1879]]
[[Bild:Steiner als Abiturient.jpg|thumb|Als Abiturient 1879]]
An der Technischen Hochschule Wien studierte Steiner ab 1879 Biologie, Chemie, Physik und Mathematik. Der Student entwickelte eine hohe Wertschätzung für den Germanistikprofessor [[a:Karl-Julius Schröer|Karl-Julius Schröer]]. Auf dessen Empfehlung hin, gab er in Kürschners Deutscher Nationalliteratur Goethes naturwissenschaftliche Schriften heraus<ref>Rudolf Steiner: ''Mein Lebensgang''. Rudolf Steiner Verlag, Dornach, 2000, S. 124 f.</ref> und veröffentlichte in Zeitungen literarische Abhandlungen. Von 1882 bis 1887 lebte die Familie Steiners in Brunn am Gebirge. Von 1884 bis 1890 verdiente Steiner sich sein Studium durch die Tätigkeit als Privatlehrer eines als unbeschulbar geltenden [[w:hydrocephalus|hydrocephalus]]kranken Kindes in einer prominenten Wiener Familie, das dadurch später Medizin studierte und Arzt wurde. Mit der Dichterin [[a:Marie Eugenie delle Grazie|Marie Eugenie delle Grazie]] knüpfte er eine Freundschaft, [[a:Marie Lang|Marie Lang]] vermittelte eine gleiche mit [[a:Rosa Mayreder|Rosa Mayreder]], aber auch mit Leuten aus dem Volk wie dem Kräutersammler [[a:Felix Koguzki|Felix Koguzki]] pflegte Rudolf Steiner intensiveren Kontakt.
An der Technischen Hochschule Wien studierte Steiner ab 1879 Biologie, Chemie, Physik und Mathematik. Der Student entwickelte eine hohe Wertschätzung für den Germanistikprofessor [[a:Karl-Julius Schröer|Karl-Julius Schröer]]. Auf dessen Empfehlung hin, gab er in Kürschners Deutscher Nationalliteratur Goethes naturwissenschaftliche Schriften heraus<ref>Rudolf Steiner: ''Mein Lebensgang''. ebd. S. 124 f.</ref> und veröffentlichte in Zeitungen literarische Abhandlungen.
 
An seinen Freund Josef Köck schrieb Rudolf Steiner von einem Erlebnis, das ihm einen ersten Einblick in sein „innerstes, von allem, was von außen hinzukam, entkleidetes Selbst“ gewährte. Dieser erste von Rudolf Steiner erhaltene Brief ist mit 13. Januar 1881, 12 Uhr mitternachts datiert:
 
:„Es war die Nacht vom 10. auf den 11. Januar, in der ich keinen Augenblick schlief. Ich hatte mich bis ½ 1 Uhr mitternachts mit einzelnen philosophischen Problemen beschäftigt, und da warf ich mich endlich auf mein Lager; mein Bestreben war voriges Jahr, zu erforschen, ob es denn wahr wäre, was Schelling sagt: «Uns allen wohnt ein geheimes, wunderbares Vermögen bei, uns aus dem Wechsel der Zeit in unser innerstes, von allem, was von außen hinzukam, entkleidetes Selbst zurückzuziehen und da unter der Form der Unwandelbarkeit das Ewige in uns anzuschauen.» Ich glaubte und glaube nun noch, jenes innerste Vermögen ganz klar an mir entdeckt zu haben – geahnt habe ich es ja schon längst –; die ganze idealistische Philosophie steht nun in einer wesentlich modifizierten Gestalt vor mir; was ist eine schlaflose Nacht gegen solch einen Fund!“<ref>Rudolf Steiner: ''Briefe. Band I.'' GA 38. 3. veränderte und erweiterte Auflage. Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1985, ISBN 3-7274-0380-2, S. 13. ([https://odysseetheater.org/GA/Buecher/GA_038.pdf#page=13&view=Fit Online])</ref>
 
==== Brunn am Gebirge ====
[[Datei:Brunner Heimathaus.jpg|thumb|Das [[a:Rudolf Steiner Gedenkstätte Brunn am Gebirge|Brunner Heimathaus]]: Das Kämmerchen im 1. Stock direkt über dem Torbogen war Rudolf Steiners Arbeitszimmer, im anschließenden Erkerzimmer befand sich das Wohnzimmer der Familie Steiner.]]
Von 1882 bis 1887 lebte die Familie Steiners in [[w:Brunn am Gebirge|Brunn am Gebirge]], wo Steiner an seinen [[a:Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften|Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften]] (GA 1) zu schreiben begann. Er gab darin eine umfassende Darstellung der [[a:Goetheanismus|Goetheanistischen Wissenschaftsmethodik]], die, anders als herkömmliche wissenschaftliche Verfahren, von der Verwendung künstlicher Messgeräte und quantitativer Auswertungen weitgehend absieht und in ihrer Zielsetzung frei von spekulativen Elementen, Hypothesen und Modellvorstellungen ist, sondern sich vielmehr auf die genaue Beobachtung der Naturphänomene und ihren ideellen inneren Zusammenhang gründet. Durch „[[a:Anschauende Urteilskraft|Anschauende Urteilskraft]]“, d.&nbsp;h. durch ein Denken, das sich nicht von den Phänomenen absondert, sollen sie ihren ideellen Zusammenhang, ihre gesetzmäßige Verbindung, ''selbst'' enthüllen und dadurch ihr eigentliches Wesen der geistigen Anschauung zugänglich machen. Erst dadurch ist das vollständige Phänomen so gegeben, wie es in der Wirklichkeit ''[[a:An sich|an sich]]'' besteht.
 
In seinen erstmals 1886 veröffentlichten [[a:GA 2|Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung, mit besonderer Rücksicht auf Schiller]] (GA 2) gab er eine Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung, die darauf beruhe, dass sich im menschlichen [[a:Denken|Denken]] unmittelbar das innere Wesen der Welt ausspreche und zusammen mit dem beobachteten Phänomen erst die volle Wirklichkeit ergebe:
 
:„Man setzt das Denken herab, wenn man ihm die Möglichkeit entzieht, in sich selbst Wesenheiten wahrzunehmen, die den Sinnen unzugänglich sind. Es muß in der Wirklichkeit außer den Sinnesqualitäten noch einen Faktor geben, der vom Denken erfaßt wird. Das Denken ist ein Organ des Menschen, das bestimmt ist, Höheres zu beobachten als die Sinne bieten. ''Dem Denken ist jene Seite der Wirklichkeit zugänglich, von der ein bloßes Sinnenwesen nie etwas erfahren würde.'' Nicht die Sinnlichkeit wiederzukäuen ist es da, sondern das zu durchdringen, was dieser verborgen ist. Die Wahrnehmung der Sinne liefert nur ''eine'' Seite der Wirklichkeit. Die ''andere'' Seite ist die denkende Erfassung der Welt.<ref>Rudolf Steiner: ''Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung mit besonderer Rücksicht auf Schiller.'' GA 2. 8. Auflage. Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2003, ISBN 3-7274-0380-2, S. 62 f. ([https://odysseetheater.org/GA/Buecher/GA_002.pdf#page=62&view=Fit Online])</ref>
 
==== Privatlehrer bei Familie Specht ====
[[Datei:Familie Specht Attersee.webp|thumb|Rudolf Steiner (zweiter von links) im Kreis der Familie Specht und weiterer Mitbewohner des «Berghofes», Sommer 1889]]
Von 1884 bis 1890 verdiente sich Steiner sein Studium durch die Tätigkeit als Privatlehrer eines als unbeschulbar geltenden [[w:hydrocephalus|hydrocephalus]]kranken Kindes in der prominenten Wiener Familie Specht, das dadurch später Medizin studierte und Arzt wurde.
 
Mit der Dichterin [[a:Marie Eugenie delle Grazie|Marie Eugenie delle Grazie]] knüpfte er eine Freundschaft, [[a:Marie Lang|Marie Lang]] vermittelte eine gleiche mit [[a:Rosa Mayreder|Rosa Mayreder]], aber auch mit Leuten aus dem Volk wie dem Kräutersammler [[a:Felix Koguzki|Felix Koguzki]] pflegte Rudolf Steiner intensiveren Kontakt.


=== Als Goetheforscher in Weimar ===
=== Als Goetheforscher in Weimar ===
1890 übernahm Steiner auf Schröers Vorschlag am [[w:Goethe- und Schiller-Archiv|Goethe- und Schiller-Archiv]] in Weimar die Herausgabe der Naturwissenschaftlichen Schriften Goethes für die große Weimarer Goethe-Ausgabe, die so genannte „Sophien-Ausgabe“.  
1890 übernahm Steiner auf Schröers Vorschlag am [[w:Goethe- und Schiller-Archiv|Goethe- und Schiller-Archiv]] in Weimar die Herausgabe der Naturwissenschaftlichen Schriften Goethes für die große Weimarer Goethe-Ausgabe, die so genannte „[[w:Weimarer Ausgabe (Goethe)|Sophien-Ausgabe]]“.  


Die Technische Hochschule in Wien verließ Steiner ohne Abschluss, promovierte aber in Rostock 1891 mit seiner Dissertationsschrift „Die Grundfrage der Erkenntnistheorie mit besonderer Rücksicht auf Fichtes Wissenschaftslehre. Prolegomena zur Verständigung des philosophischen Bewußtseins mit sich selbst“ zum Dr. phil.<ref>[https://www.erziehungskunst.de/artikel/ohne-praedikat ''Ohne Prädikat – Ein Symposium über Rudolf Steiners Promotion in Rostock anlässlich seines 150. Geburtstags.''] Abgerufen am 6. August 2024.</ref>
Die Technische Hochschule in Wien verließ Steiner ohne Abschluss, promovierte aber in Rostock 1891 mit seiner Dissertationsschrift „Die Grundfrage der Erkenntnistheorie mit besonderer Rücksicht auf [[w:Johann Gottlieb Fichte|Fichtes]] Wissenschaftslehre. Prolegomena zur Verständigung des philosophischen Bewußtseins mit sich selbst“ zum Dr. phil.<ref>[https://www.erziehungskunst.de/artikel/ohne-praedikat ''Ohne Prädikat – Ein Symposium über Rudolf Steiners Promotion in Rostock anlässlich seines 150. Geburtstags.''] Abgerufen am 6. August 2024.</ref>


:„Äußere Tatsachen bewirkten nur, daß ich es in Wien nicht machen konnte. Ich hatte die Realschule, nicht das Gymnasium offiziell hinter mir, hatte mir die Gymnasialbildung, Privatunterricht darin erteilend, auch privat angeeignet. Das schloß in Osterreich das Doktorieren aus. Ich war in die «Philosophie» hineingewachsen, hatte aber einen offiziellen Bildungsgang hinter mir, der mich von allem ausschloß, in das den Menschen das Philosophiestudium hineinstellt.“<ref>Rudolf Steiner: ''Mein Lebensgang''. Rudolf Steiner Verlag, Dornach, 2000, S. 214.</ref>
:„Äußere Tatsachen bewirkten nur, daß ich es in Wien nicht machen konnte. Ich hatte die Realschule, nicht das Gymnasium offiziell hinter mir, hatte mir die Gymnasialbildung, Privatunterricht darin erteilend, auch privat angeeignet. Das schloß in Osterreich das Doktorieren aus. Ich war in die «Philosophie» hineingewachsen, hatte aber einen offiziellen Bildungsgang hinter mir, der mich von allem ausschloß, in das den Menschen das Philosophiestudium hineinstellt.“<ref>Rudolf Steiner: ''Mein Lebensgang''. ebd. S. 214.</ref>


[[Datei:Rudolf Steiner - Joseph Rolletschek 1894 Weimar.jpg|mini|Rudolf Steiner – Joseph Rolletschek, 1894, Weimar]]
[[Datei:Rudolf Steiner - Joseph Rolletschek 1894 Weimar.jpg|mini|Rudolf Steiner – Joseph Rolletschek, 1894, Weimar]]
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1894 veröffentlichte Steiner das erkenntnismethodologische Grundlagenwerk „[[a:Die Philosophie der Freiheit|Die Philosophie der Freiheit]] – Seelische Beobachtungsresultate nach naturwissenschaftlicher Methode“. Zu der christlichen Grundhaltung dieser Schrift äußerte sich Steiner unter anderem folgendermaßen:  
1894 veröffentlichte Steiner das erkenntnismethodologische Grundlagenwerk „[[a:Die Philosophie der Freiheit|Die Philosophie der Freiheit]] – Seelische Beobachtungsresultate nach naturwissenschaftlicher Methode“. Zu der christlichen Grundhaltung dieser Schrift äußerte sich Steiner unter anderem folgendermaßen:  


:„Diese «Philosophie der Freiheit» ist eigentlich eine Moralanschauung, welche eine Anleitung dazu sein will, die toten Gedanken als Moralimpulse zu beleben, zur Auferstehung zu bringen. Insofern ist innerliches Christentum durchaus in einer solchen Freiheitsphilosophie.“''<ref>Rudolf Steiner: ''Das Sonnenmysterium und das Mysterium von Tod und Auferstehung''. Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1986, S. 121.</ref>
:„Diese «Philosophie der Freiheit» ist eigentlich eine Moralanschauung, welche eine Anleitung dazu sein will, die toten Gedanken als Moralimpulse zu beleben, zur Auferstehung zu bringen. Insofern ist innerliches Christentum durchaus in einer solchen Freiheitsphilosophie.“''<ref>Rudolf Steiner: ''Das Sonnenmysterium und das Mysterium von Tod und Auferstehung''. GA 211. 2. Auflage. Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1986, ISBN 3-7274-2110-X, S. 121. ([https://odysseetheater.org/GA/Buecher/GA_211.pdf#page=121&view=Fit Online])</ref>''


:„Daher hat man eben meine «Philosophie der Freiheit» die Philosophie des Individualismus genannt im extremsten Sinne. Das mußte sie auch sein, weil sie auf der anderen Seite die christlichste der Philosophien ist.“''<ref>Rudolf Steiner: ''Menschliches Seelenleben und Geistesstreben im Zusammenhange mit Welt- und Erdentwickelung''. Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1998, S. 103 f.</ref>  
:„Daher hat man eben meine «Philosophie der Freiheit» die Philosophie des Individualismus genannt im extremsten Sinne. Das mußte sie auch sein, weil sie auf der anderen Seite die christlichste der Philosophien ist.“''<ref>Rudolf Steiner: ''Menschliches Seelenleben und Geistesstreben im Zusammenhange mit Welt- und Erdentwickelung''. GA 212. 2. Auflage. Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1998, ISBN 3-727-2120-7, S. 104. ([https://odysseetheater.org/GA/Buecher/GA_212.pdf#page=104&view=Fit Online])</ref> ''


Ein Versuch, in Jena Professor zu werden, scheiterte.
Ein Versuch, in Jena Professor zu werden, scheiterte.
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=== Berlin ===
=== Berlin ===
[[Bild:Steiner original.jpg|thumb|Rudolf Steiner (1916)]]
[[Bild:Steiner original.jpg|thumb|Rudolf Steiner (1916)]]
Zwischen 1898 und 1900 gab Steiner in Berlin das Magazin für Literatur heraus und unterrichtete bis 1904 an der Arbeiterbildungsschule. 1902 übernahm er zusammen mit [[a:Marie von Sivers|Marie von Sivers]] die Leitung der neugegründeten deutschen Sektion der [[a:Theosophische Gesellschaft|Theosophischen Gesellschaft]]. Im gleichen Jahr fasste Steiner den Inhalt einer Vortragsreihe zusammen, in welcher er die „Entstehung des Christentums aus der mystischen Anschauung heraus“ geschildert hatte.<ref>Rudolf Steiner: ''Das Christentum als mystische Tatsache und die Mysterien des Altertums''. Vorwort zur zweiten Auflage 1902.</ref> In dem Werk [[a:GA 10|Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?]] stellte er die Wege zur spirituellen Selbsterkenntnis und Selbstverwandlung auf einer Grundlage dar, wie sie ihm zeitgemäß erschien. 1904 legte er in seinem Werk [[a:Theosophie|Theosophie]] und später in [[a:GA 13|Die Geheimwissenschaft im Umriss]] (1909) u. a. durch Ausführungen über die [[a:Wesensglieder|Wesensglieder]] des Menschen, die Farben der [[a:Aura|Aura]] und die [[a:Planetenzustände|Planetenzustände]] der Erde den Ideengehalt der Anthroposophie dar. Aus seinen Aufgaben in der Theosophischen Gesellschaft entwickelte sich eine reiche Vortragstätigkeit. Die Mitschriften der damals gegebenen und späterer ähnlicher Darstellungen, von ihrem Schöpfer aufgrund der enormen Arbeitslast zum größten Teil nicht noch einmal durchgesehen, stellen das Mehr der Bände der [[a:Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe|Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe]], deren Zahl bis heute auf über 400 gestiegen ist.
Zwischen 1898 und 1900 gab Steiner in Berlin das Magazin für Literatur heraus und unterrichtete bis 1904 an der Arbeiterbildungsschule. 1902 übernahm er zusammen mit [[a:Marie von Sivers|Marie von Sivers]] die Leitung der neugegründeten deutschen Sektion der [[a:Theosophische Gesellschaft|Theosophischen Gesellschaft]]. Im gleichen Jahr fasste Steiner den Inhalt einer Vortragsreihe zusammen, in welcher er die „Entstehung des Christentums aus der mystischen Anschauung heraus“ geschildert hatte.<ref>Vorwort zur zweiten Auflage 1902 in Rudolf Steiner: ''Das Christentum als mystische Tatsache und die Mysterien des Altertums''. GA 8. 9. Auflage. Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1989, <nowiki>ISBN 3-7274-0080-3</nowiki>, S. 7. ([https://odysseetheater.org/GA/Buecher/GA_008.pdf#page=7&view=Fit Online])</ref> In dem Werk [[a:GA 10|Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?]] stellte er die Wege zur spirituellen Selbsterkenntnis und Selbstverwandlung auf einer Grundlage dar, wie sie ihm zeitgemäß erschien. 1904 legte er in seinem Werk [[a:Theosophie|Theosophie]] und später in [[a:GA 13|Die Geheimwissenschaft im Umriss]] (1909) u. a. durch Ausführungen über die [[a:Wesensglieder|Wesensglieder]] des Menschen, die Farben der [[a:Aura|Aura]] und die [[a:Planetenzustände|Planetenzustände]] der Erde den Ideengehalt der Anthroposophie dar. Aus seinen Aufgaben in der Theosophischen Gesellschaft entwickelte sich eine reiche Vortragstätigkeit. Die Mitschriften der damals gegebenen und späterer ähnlicher Darstellungen, von ihrem Schöpfer aufgrund der enormen Arbeitslast zum größten Teil nicht noch einmal durchgesehen, stellen das Mehr der Bände der [[a:Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe|Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe]], deren Zahl bis heute auf über 400 gestiegen ist.


1913 trennte sich die deutsche Sektion von der Theosophischen Gesellschaft, weil der christlich-anthroposophische Ansatz Rudolf Steiners und Marie von Sivers’ in ihr mehr und mehr auf Missfallen gestoßen und 1911 von [[a:Annie Besant|Annie Besant]] und [[a:Charles Leadbeater|Charles Leadbeater]] der Hinduknabe [[a:Jiddu Krishnamurti|Jiddu Krishnamurti]] als Wiedergeburt Jesu und künftiger Weltenlenker verkündet worden war. Die [[a:Anthroposophische Gesellschaft|Anthroposophische Gesellschaft]] wurde gegründet, der sich viele theosophische Gruppen im Ausland anschlossen.
1913 trennte sich die deutsche Sektion von der Theosophischen Gesellschaft, weil der christlich-anthroposophische Ansatz Rudolf Steiners und Marie von Sivers’ in ihr mehr und mehr auf Missfallen gestoßen und 1911 von [[a:Annie Besant|Annie Besant]] und [[a:Charles Leadbeater|Charles Leadbeater]] der Hinduknabe [[a:Jiddu Krishnamurti|Jiddu Krishnamurti]] als Wiedergeburt Jesu und künftiger Weltenlenker verkündet worden war. Die [[a:Anthroposophische Gesellschaft|Anthroposophische Gesellschaft]] wurde gegründet, der sich viele theosophische Gruppen im Ausland anschlossen.
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1914 heiratete Steiner in Dornach seine Mitarbeiterin Marie von Sivers.
1914 heiratete Steiner in Dornach seine Mitarbeiterin Marie von Sivers.


Die Anthroposophische Gesellschaft wuchs rasch und 1913 begann in Dornach der Bau des ersten Goetheanums als eines Theater- und Verwaltungsgebäudes für ihre jährlichen Treffen. Von Steiner entworfen, schafften daran zu einem großen Teil Freiwillige, die Fachkenntnisse oder auch bloß den Willen zu bieten hatten, etwas Neues zu lernen. Auf dem Gebiet der Plastik war [[a:Edith Maryon|Edith Maryon]] maßgeblich beteiligt. 1919 kam es hier zur weltweit ersten Aufführung des gesamten [[a:Faust|Faust]] von Goethe. In Dornach, in dem fast ununterbrochen der Kanonendonner zu hören war, arbeiteten während des Krieges herausragende Künstler aus sechzehn teils verfeindeten Ländern zusammen. Das Goetheanum ist als ein „Haus der Sprache“ oder ein „Haus des Wortes“ gedacht. Von ihm aus sollen Menschen, die sich ihres Menschentums auch wirklich voll bewusst sind, in Zusammenarbeit mit anderen geistigen Einrichtungen – Gemeinden, Schulen und Hochschulen – für ein neues Ernstnehmen der inneren Seite des Menschen wirken.
Die Anthroposophische Gesellschaft wuchs rasch und 1913 begann in [[w:Dornach SO|Dornach]] der Bau des ersten Goetheanums als eines Theater- und Verwaltungsgebäudes für ihre jährlichen Treffen. Von Steiner entworfen, schafften daran zu einem großen Teil Freiwillige, die Fachkenntnisse oder auch bloß den Willen zu bieten hatten, etwas Neues zu lernen. Auf dem Gebiet der Plastik war [[a:Edith Maryon|Edith Maryon]] maßgeblich beteiligt. 1919 kam es hier zur weltweit ersten Aufführung des gesamten [[a:Faust|Faust]] von Goethe. In Dornach, in dem fast ununterbrochen der Kanonendonner zu hören war, arbeiteten während des Krieges herausragende Künstler aus sechzehn teils verfeindeten Ländern zusammen. Das Goetheanum ist als ein „Haus der Sprache“ oder ein „Haus des Wortes“ gedacht. Von ihm aus sollen Menschen, die sich ihres Menschentums auch wirklich voll bewusst sind, in Zusammenarbeit mit anderen geistigen Einrichtungen – Gemeinden, Schulen und Hochschulen – für ein neues Ernstnehmen der inneren Seite des Menschen wirken.


==== Anthroposophische Architektur ====
==== Anthroposophische Architektur ====
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=== Ausgeweitetes öffentliches Wirken ===
=== Ausgeweitetes öffentliches Wirken ===
Durch die esoterische Unterweisungen für Eliza von Moltke begegnete Rudolf Steiner schon vor dem Ersten Weltkrieg deren Gatten [[a:Helmuth Johannes Ludwig von Moltke|Helmuth Johannes Ludwig von Moltke]], der von 1906 bis zum 14. September 1914 Chef des [[w:Großer Generalstab|Großen Generalstabes]] war und während des Krieges Kontakte zu einem guten Teil der wichtigsten deutschen Politiker hatte. Mit seiner Unterstützung versuchte Steiner u.&nbsp;a. die Stellung eines offiziellen Fürsprechers für Deutschland in der Welt zu erlangen, was ihm aber von der deutschen Führung mit der Begründung nicht gewährt wurde, dass er ein Österreicher sei.  
Durch die esoterischen Unterweisungen für Eliza von Moltke begegnete Rudolf Steiner schon vor dem Ersten Weltkrieg deren Gatten [[a:Helmuth Johannes Ludwig von Moltke|Helmuth Johannes Ludwig von Moltke]], der von 1906 bis zum 14. September 1914 Chef des [[w:Großer Generalstab|Großen Generalstabes]] war und während des Krieges Kontakte zu einem guten Teil der wichtigsten deutschen Politiker hatte. Mit seiner Unterstützung versuchte Steiner u.&nbsp;a. die Stellung eines offiziellen Fürsprechers für Deutschland in der Welt zu erlangen, was ihm aber von der deutschen Führung mit der Begründung nicht gewährt wurde, dass er ein Österreicher sei.  


In der durch [[a:Alexander von Bernus|Alexander von Bernus]] begründeten Zeitschrift «Das Reich» schrieb Steiner gemeinsam u. a. mit [[w:Alfred Kubin|Alfred Kubin]] und [[w:Else Lasker-Schüler|Else Lasker-Schüler]].  
In der durch [[a:Alexander von Bernus|Alexander von Bernus]] begründeten Zeitschrift «Das Reich» schrieb Steiner gemeinsam u.&nbsp;a. mit [[w:Alfred Kubin|Alfred Kubin]] und [[w:Else Lasker-Schüler|Else Lasker-Schüler]].  


==== Die Dreigliederung ====
==== Die Dreigliederung ====
Nach dem Weltkrieg warb Steiner ab 1919 verstärkt in der Öffentlichkeit für den Gedanken einer Dreigliederung des sozialen Organismus, die das Prinzip eines [[a:Freies Geistesleben|freien Geisteslebens]], der [[a:Gleichheit|Gleichheit]] im [[a:Rechtsleben|Rechtsleben]] und der [[a:Brüderlichkeit|Brüderlichkeit]] im [[a:Wirtschaftsleben|Wirtschaftsleben]] vorsah (siehe [[a:GA 23|Die Kernpunkte der sozialen Frage]]). Er verfasste einen [[a:Aufruf an das deutsche Volk und an die Kulturwelt|Aufruf an das deutsche Volk und an die Kulturwelt]], der die Idee voranbringen sollte und von prominenten Künstlern wie [[w:Hermann Bahr|Hermann Bahr]], [[a:Hermann Hesse|Hermann Hesse]] und [[a:Bruno Walter|Bruno Walter]] unterzeichnet wurde. Wegen zunehmender Angriffe, vor allem der politischen Rechten, musste Steiner seine diesbezüglichen Aktivitäten in Deutschland 1922 einstellen, nachdem ein Attentat auf ihn gerade noch vereitelt werden konnte.
Nach dem ersten Weltkrieg warb Steiner ab 1919 verstärkt in der Öffentlichkeit für den Gedanken einer Dreigliederung des sozialen Organismus, die das Prinzip eines [[a:Freies Geistesleben|freien Geisteslebens]], der [[a:Gleichheit|Gleichheit]] im [[a:Rechtsleben|Rechtsleben]] und der [[a:Brüderlichkeit|Brüderlichkeit]] im [[a:Wirtschaftsleben|Wirtschaftsleben]] vorsah (siehe [[a:GA 23|Die Kernpunkte der sozialen Frage]]). Er verfasste einen [[a:Aufruf an das deutsche Volk und an die Kulturwelt|Aufruf an das deutsche Volk und an die Kulturwelt]], der die Idee voranbringen sollte und von prominenten Künstlern wie [[w:Hermann Bahr|Hermann Bahr]], [[a:Hermann Hesse|Hermann Hesse]] und [[a:Bruno Walter|Bruno Walter]] unterzeichnet wurde. Wegen zunehmender Angriffe, vor allem der politischen Rechten, musste Steiner seine diesbezüglichen Aktivitäten in Deutschland 1922 einstellen, nachdem ein Attentat auf ihn gerade noch vereitelt werden konnte.


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Ebenfalls in seiner letzten Lebenszeit krönte Steiner seine Anregungen für eine innerlich erweiterte Medizin durch das Werk [[a:GA 27|Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst nach geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen]], das er gemeinsam mit der Ärztin [[a:Ita Wegman|Ita Wegman]] herausgegeben hat. Der Ansatz ist dabei, dass die Schulmedizin keineswegs ''abgelehnt,'' sondern nur ''ergänzt'' wird, indem man bei der Behandlung ''anthroposophische Erkenntnisse berücksichtigt,'' bestimmte Methoden ''hinzufügt'' und nur ''zum Teil, auf Wunsch des Patienten,'' gewisse Therapien auch durch eigene anthroposophische ''ersetzt.''
Ebenfalls in seiner letzten Lebenszeit krönte Steiner seine Anregungen für eine innerlich erweiterte Medizin durch das Werk [[a:GA 27|Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst nach geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen]], das er gemeinsam mit der Ärztin [[a:Ita Wegman|Ita Wegman]] herausgegeben hat. Der Ansatz ist dabei, dass die Schulmedizin keineswegs ''abgelehnt,'' sondern nur ''ergänzt'' wird, indem man bei der Behandlung ''anthroposophische Erkenntnisse berücksichtigt,'' bestimmte Methoden ''hinzufügt'' und nur ''zum Teil, auf Wunsch des Patienten,'' gewisse Therapien auch durch eigene anthroposophische ''ersetzt.''


:„Aber alle diese Dinge sind im Anfange. Medizin wird eine geistige Wissenschaft werden. Und wie man in alten Zeiten die Medizin als geistige Wissenschaft gekannt hat, wird man sie als geistige Wissenschaft wiedererkennen.“<ref>Rudolf Steiner: ''Individuelle Geistwesen und ihr Wirken in der Seele des Menschen'', Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1992, [[https://odysseetheater.org/GA/Buecher/GA_178.pdf#page=74&view=Fit GA 178, S. 74].</ref>
:„Aber alle diese Dinge sind im Anfange. Medizin wird eine geistige Wissenschaft werden. Und wie man in alten Zeiten die Medizin als geistige Wissenschaft gekannt hat, wird man sie als geistige Wissenschaft wiedererkennen.“<ref>Rudolf Steiner: ''Individuelle Geistwesen und ihr Wirken in der Seele des Menschen''. GA 178. 4. Auflage. Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1992, ISBN 3-7274-1780-3, S. 74. ([https://odysseetheater.org/GA/Buecher/GA_178.pdf#page=74&view=Fit Online])</ref>


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==== Die Naturwissenschaften ====
==== Die Naturwissenschaften ====
Methodisch streben die modernen Naturwissenschaften, unter weitgehender Abstreifung der unmittelbar erfahrbaren Sinnesqualitäten, nach einer möglichst quantitativen Erfassung der Natur und ihrer Abbildung durch ein mathematisches Modell. Damit lassen sich aber laut Steiner nur die Gesetzmäßigkeiten des Toten, des mehr oder weniger Mechanischen erfassen. Entgegen der heute verbreiteten Meinung gehorcht Lebendiges seinen eigenen Gesetzen, die sich nicht auf das quantitativ Berechenbare reduzieren lassen. Die von Rudolf Steiner propagierten [[a:Goetheanismus|Goetheanistischen Naturwissenschaften]] streben entsprechend nach einer rein qualitativen Erklärung der gesetzmäßigen Zusammenhänge der unmittelbar sinnlich gegebenen Naturphänomene. Komplexere Phänomene werden dabei entweder auf unmittelbar einsehbare grundlegende Urphänomene zurückgeführt oder durch Metamorphose ineinander übergeführt. Musterbeispiele dafür sind Goethes Farbenlehre und dessen Metamorphosenlehre.
Methodisch streben die modernen Naturwissenschaften, unter weitgehender Abstreifung der unmittelbar erfahrbaren Sinnesqualitäten, nach einer möglichst quantitativen Erfassung der Natur und ihrer Abbildung durch ein mathematisches Modell. Damit lassen sich aber laut Steiner nur die Gesetzmäßigkeiten des Toten, des mehr oder weniger Mechanischen erfassen. Entgegen der heute verbreiteten Meinung gehorcht Lebendiges seinen eigenen Gesetzen, die sich nicht auf das quantitativ Berechenbare reduzieren lassen. Die von Rudolf Steiner propagierten [[a:Goetheanismus|Goetheanistischen Naturwissenschaften]] streben entsprechend nach einer rein qualitativen Erklärung der gesetzmäßigen Zusammenhänge der unmittelbar sinnlich gegebenen Naturphänomene. Komplexere Phänomene werden dabei entweder auf unmittelbar einsehbare grundlegende Urphänomene zurückgeführt oder durch Metamorphose ineinander übergeführt. Musterbeispiele dafür sind [[a:Farbenlehre (Goethe)|Goethes Farbenlehre]] und dessen [[a:Metamorphosenlehre|Metamorphosenlehre]].


Wer Steiners Ausführungen studiert, Lebendes gehorche seinen eigenen Gesetzen, wird aufgeschlossen, um Dinge zu erforschen, die zwischen dem Lebendigen und dem Toten vermitteln, Brücken von dem einen zum andren schlagen. Dies ist insbesondere durch die [[a:Bildschaffende Methoden|bildschaffenden Methoden]] der Anthroposophie möglich. So haben vor allem [[a:Theodor Schwenk|Theodor Schwenk]] die [[a:Tropfenbildmethode|Tropfenbildmethode]] zur Erforschung der Wassergüte und [[a:Ehrenfried Pfeiffer|Ehrenfried Pfeiffer]] die Methode der [[a:Kupferchloridkristallisation|Kupferchloridkristallisation]] zur Bestimmung der Qualität von Lebensmitteln entwickelt.
Wer Steiners Ausführungen studiert, Lebendes gehorche seinen eigenen Gesetzen, wird aufgeschlossen, um Dinge zu erforschen, die zwischen dem Lebendigen und dem Toten vermitteln, Brücken von dem einen zum andren schlagen. Dies ist insbesondere durch die [[a:Bildschaffende Methoden|bildschaffenden Methoden]] der Anthroposophie möglich. So haben vor allem [[a:Theodor Schwenk|Theodor Schwenk]] die [[a:Tropfenbildmethode|Tropfenbildmethode]] zur Erforschung der Wassergüte und [[a:Ehrenfried Pfeiffer|Ehrenfried Pfeiffer]] die Methode der [[a:Kupferchloridkristallisation|Kupferchloridkristallisation]] zur Bestimmung der Qualität von Lebensmitteln entwickelt.
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1920 wurde Rudolf Steiner von einigen, damals überwiegend evangelischen Theologen und Theologiestudenten im Kreis um den evangelischen Pfarrer [[a:Friedrich Rittelmeyer|Friedrich Rittelmeyer]] (1872–1938) und [[a:Emil Bock|Emil Bock]] (1895–1959) gebeten, Impulse für eine Erneuerung des religiösen Lebens zu geben. Steiner hielt daraufhin in den Jahren 1921–1924 eine Reihe von Vortragszyklen ([[a:GA 342|GA 342]] bis [[a:GA 346|GA 346]]) zu diesem Thema und machte detaillierte Angaben zum [[a:Kultus|Kultus]] und formulierte die dabei zu verwendenden Texte. 1922 wurde auf dieser Grundlage von 45 Gründungsmitgliedern die Christengemeinschaft als von der anthroposophischen Gesellschaft völlig unabhängige, eigenständige christliche Erneuerungsbewegung begründet.  
1920 wurde Rudolf Steiner von einigen, damals überwiegend evangelischen Theologen und Theologiestudenten im Kreis um den evangelischen Pfarrer [[a:Friedrich Rittelmeyer|Friedrich Rittelmeyer]] (1872–1938) und [[a:Emil Bock|Emil Bock]] (1895–1959) gebeten, Impulse für eine Erneuerung des religiösen Lebens zu geben. Steiner hielt daraufhin in den Jahren 1921–1924 eine Reihe von Vortragszyklen ([[a:GA 342|GA 342]] bis [[a:GA 346|GA 346]]) zu diesem Thema und machte detaillierte Angaben zum [[a:Kultus|Kultus]] und formulierte die dabei zu verwendenden Texte. 1922 wurde auf dieser Grundlage von 45 Gründungsmitgliedern die Christengemeinschaft als von der anthroposophischen Gesellschaft völlig unabhängige, eigenständige christliche Erneuerungsbewegung begründet.  


:„Das, was ich diesen Persönlichkeiten gegeben habe, hat nichts zu tun mit der anthroposophischen Bewegung. Ich habe es ihnen als Privatmann gegeben, und habe es so gegeben, daß ich mit notwendiger Dezidiertheit betont habe, daß die anthroposophische Bewegung mit dieser Bewegung für religiöse Erneuerung nichts zu tun haben darf; daß aber vor allen Dingen nicht ich der Gründer bin dieser Bewegung für religiöse Erneuerung; daß ich darauf rechne, daß der Welt das durchaus klargemacht werde, und daß ich einzelnen Persönlichkeiten, die von sich aus begründen wollten diese Bewegung für religiöse Erneuerung, die notwendigen Ratschlüsse gegeben habe, Ratschlüsse, die allerdings geeignet waren, einen gültigen und spirituell kräftigen, spirituell von Wesenheit erfüllten Kultus auszuüben, in rechtmäßiger Weise mit den Kräften aus der geistigen Welt heraus zu zelebrieren. Ich selber habe bei der Erteilung dieser Ratschläge niemals irgendeine Kultushandlung ausgeführt, sondern nur denjenigen, die in diese Kultushandlung hineinwachsen wollten, gezeigt, Schritt für Schritt, wie eine solche Kultushandlung zu geschehen hat. Das war notwendig. Und heute ist es auch notwendig, daß innerhalb der Anthroposophischen Gesellschaft dies richtig verstanden wird.“<ref>Rudolf Steiner: ''Das Verhältnis der Sternenwelt zum Menschen und des Menschen zur Sternenwelt. Die geistige Kommunion der Menschheit.'' Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1994, ISBN 3-7274-2190-8, S. 169. ([https://odysseetheater.org/GA/Buecher/GA_219.pdf#page=169&view=Fit online])</ref>
:„Das, was ich diesen Persönlichkeiten gegeben habe, hat nichts zu tun mit der anthroposophischen Bewegung. Ich habe es ihnen als Privatmann gegeben, und habe es so gegeben, daß ich mit notwendiger Dezidiertheit betont habe, daß die anthroposophische Bewegung mit dieser Bewegung für religiöse Erneuerung nichts zu tun haben darf; daß aber vor allen Dingen nicht ich der Gründer bin dieser Bewegung für religiöse Erneuerung; daß ich darauf rechne, daß der Welt das durchaus klargemacht werde, und daß ich einzelnen Persönlichkeiten, die von sich aus begründen wollten diese Bewegung für religiöse Erneuerung, die notwendigen Ratschlüsse gegeben habe, Ratschlüsse, die allerdings geeignet waren, einen gültigen und spirituell kräftigen, spirituell von Wesenheit erfüllten Kultus auszuüben, in rechtmäßiger Weise mit den Kräften aus der geistigen Welt heraus zu zelebrieren. Ich selber habe bei der Erteilung dieser Ratschläge niemals irgendeine Kultushandlung ausgeführt, sondern nur denjenigen, die in diese Kultushandlung hineinwachsen wollten, gezeigt, Schritt für Schritt, wie eine solche Kultushandlung zu geschehen hat. Das war notwendig. Und heute ist es auch notwendig, daß innerhalb der Anthroposophischen Gesellschaft dies richtig verstanden wird.“<ref>Rudolf Steiner: ''Das Verhältnis der Sternenwelt zum Menschen und des Menschen zur Sternenwelt. Die geistige Kommunion der Menschheit.'' Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1994, ISBN 3-7274-2190-8, S. 169. ([https://odysseetheater.org/GA/Buecher/GA_219.pdf#page=169&view=Fit Online])</ref>


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Wie seine Kontakte mit Künstlern allerersten Ranges zeigen (so hat Steiner etwa für [[a:Wassily Kandinsky|Wassily Kandinsky]], [[a:Christian Morgenstern|Christian Morgenstern]] und [[a:Joseph Beuys|Joseph Beuys]] systematische weltanschauliche Anleitung gegeben), ist der Begründer der Anthroposophie im ''Ganzen'' der europäischen Kultur zuhause. Hier ist [[a:Thomas von Aquin|Thomas von Aquin]] durch die Emanzipation der theologischen Wissenschaft von der Philosophie Steiners wichtigster Vorausverkünder. Rudolf Steiner hat in seinen [[a:GA 40|Wahrspruchworten]] und [[a:GA 14|Mysteriendramen]] indessen auch einen eigenen literarischen Stil entwickelt. Rosa Mayreder hat dies nach seinem Tod mit Goethes wirklichkeitsnahem Stil in [[w:Dichtung und Wahrheit|Dichtung und Wahrheit]] verglichen.
Wie seine Kontakte mit Künstlern allerersten Ranges zeigen (so hat Steiner etwa für [[a:Wassily Kandinsky|Wassily Kandinsky]], [[a:Christian Morgenstern|Christian Morgenstern]] und [[a:Joseph Beuys|Joseph Beuys]] systematische weltanschauliche Anleitung gegeben), ist der Begründer der Anthroposophie im ''Ganzen'' der europäischen Kultur zuhause. Hier ist [[a:Thomas von Aquin|Thomas von Aquin]] durch die Emanzipation der theologischen Wissenschaft von der Philosophie Steiners wichtigster Vorausverkünder. Rudolf Steiner hat in seinen [[a:GA 40|Wahrspruchworten]] und [[a:GA 14|Mysteriendramen]] indessen auch einen eigenen literarischen Stil entwickelt. Rosa Mayreder hat dies nach seinem Tod mit Goethes wirklichkeitsnahem Stil in [[w:Dichtung und Wahrheit|Dichtung und Wahrheit]] verglichen.


Über das Werk Rudolf Steiners wurde schon zu seinen Lebzeiten diskutiert. Streitfragen dabei waren viele Aussagen der Anthroposophie, die von Vertretern der universitären Wissenschaft nicht akzeptiert wurden, und die religiösen Ansätze, die von den Amtskirchen verurteilt wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden insbesondere in Deutschland Äußerungen Steiners zur Rassenfrage und zum Judentum kritisiert. Die von ihm verfassten Werke sind – wie bei vielen anderen Philosophen – jedoch teilweise nur aus dem Kontext der damaligen Zeit zu verstehen.
Über das Werk Rudolf Steiners wurde schon zu seinen Lebzeiten diskutiert. Streitfragen dabei waren viele Aussagen der Anthroposophie, die von Vertretern der universitären Wissenschaft nicht akzeptiert wurden, und die religiösen Ansätze, die von den Amtskirchen verurteilt wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden insbesondere in Deutschland Äußerungen Steiners zur [[a:Rassen|Rassenfrage]] und zum Judentum kritisiert. Die von ihm verfassten Werke sind – wie bei vielen anderen Philosophen – jedoch teilweise nur aus dem Kontext der damaligen Zeit zu verstehen.


== Würdigung der Anthroposophie Rudolf Steiners ==
== Würdigung der Anthroposophie Rudolf Steiners ==
:„Dieses umfassende Werk ist ein unendlicher Baum der Weisheit. Die Gedanken von Rudolf Steiner wirken auf die Seele erhellend, klärend, das Licht an der exakt bemessenen Stelle bündelnd. Jene Ausdrücke und Beschreibungen, die Rudolf Steiner benützte, entsprechen sehr feinfühlig der geistigen Wirklichkeit, sie kommen dem übersinnlichen Erleben so nahe wie die Farbe dem Lichte. Rudolf Steiners Aurafarbe ist noch belebter, noch erquickender und erfrischender als diejenige von den ganz großen Heiligen der vergangenen Zeiten, sie leuchtet aus erstrahlendem Goldgelb und leidenschaftslosem Schimmer von Rot. Das Werk ist eine einzigartige Präzision und zugleich in aller Tiefe des zusammenhängenden Wissens wohlverwurzelte Gedankenschöpfung. Die Gedanken sind keinesfalls eine Phantasterei, sondern besitzen in den geistigen Hierarchien eine konkrete Existenz. Es sind Angaben zum Teil aus dem [[a:Astralwelt|Astralreich]] und teilweise aus dem [[a:Devachan|Devachanreich]]. In Rudolf Steiner lebte und wirkte das Ich des Christus. Dieses Ich gibt dem verehrenden Aspiranten den Schlüssel für eine andere Welt, in die er bislang nicht eintreten durfte. Er schließt das Tor der schmerzlichen mystischen Askese und öffnet die Wirklichkeit des Gedankens. Wer in den Schriften der Anthroposophie studiert, nimmt die Fähigkeit des Denkens in formender und bildender Weise auf, er wird sich mit neuen Sinnesgaben für das Leben rüsten, die ihm nicht zum Hindernis für die Spiritualität werden, sondern seine eigene Integrität mit engelsgleicher Freiheit begleiten.“<br>– {{Kapitälchen|[[a:Heinz Grill|Heinz Grill, spiritueller Lehrer]]<ref>Heinz Grill: ''Die Orientierung und Zielsetzung des »Yoga aus der Reinheit der Seele«''. ''Eine exoterische Arbeitsgrundlage''. Verlag für Schriften von Heinz Grill, Soyen 1998, ISBN 3-9805742-8-8, S. 39.</ref>}}
:„Dieses umfassende Werk ist ein unendlicher Baum der Weisheit. Die Gedanken von Rudolf Steiner wirken auf die Seele erhellend, klärend, das Licht an der exakt bemessenen Stelle bündelnd. Jene Ausdrücke und Beschreibungen, die Rudolf Steiner benützte, entsprechen sehr feinfühlig der geistigen Wirklichkeit, sie kommen dem übersinnlichen Erleben so nahe wie die Farbe dem Lichte. Rudolf Steiners Aurafarbe ist noch belebter, noch erquickender und erfrischender als diejenige von den ganz großen Heiligen der vergangenen Zeiten, sie leuchtet aus erstrahlendem Goldgelb und leidenschaftslosem Schimmer von Rot. Das Werk ist eine einzigartige Präzision und zugleich in aller Tiefe des zusammenhängenden Wissens wohlverwurzelte Gedankenschöpfung. Die Gedanken sind keinesfalls eine Phantasterei, sondern besitzen in den geistigen Hierarchien eine konkrete Existenz. Es sind Angaben zum Teil aus dem [[a:Astralwelt|Astralreich]] und teilweise aus dem [[a:Devachan|Devachanreich]]. In Rudolf Steiner lebte und wirkte das Ich des Christus. Dieses Ich gibt dem verehrenden Aspiranten den Schlüssel für eine andere Welt, in die er bislang nicht eintreten durfte. Er schließt das Tor der schmerzlichen mystischen Askese und öffnet die Wirklichkeit des Gedankens. Wer in den Schriften der Anthroposophie studiert, nimmt die Fähigkeit des Denkens in formender und bildender Weise auf, er wird sich mit neuen Sinnesgaben für das Leben rüsten, die ihm nicht zum Hindernis für die Spiritualität werden, sondern seine eigene Integrität mit engelsgleicher Freiheit begleiten.“<br>&nbsp;– {{Kapitälchen|[[a:Heinz Grill|Heinz Grill]], spiritueller Lehrer<ref>Heinz Grill: ''Die Orientierung und Zielsetzung des »Yoga aus der Reinheit der Seele«''. ''Eine exoterische Arbeitsgrundlage''. Verlag für Schriften von Heinz Grill, Soyen 1998, ISBN 3-9805742-8-8, S. 39.</ref>}}


== Werke (Auswahl) ==
== Werke (Auswahl) ==
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== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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== Leserbeiträge ==
[[Kategorie:Person]]
{{Leserbeiträge}}
[[Kategorie:Rudolf Steiner]]
 
[[Kategorie:Spiritueller Lehrer]]
[[Kategorie:Spiritueller Lehrer]]

Aktuelle Version vom 2. November 2024, 14:45 Uhr

Rudolf Steiner (1861–1925), Begründer der Anthroposophie

Rudolf Steiner (* 25. oder 27. Februar[1][2][3] 1861 in Kraljevec, damals Kaisertum Österreich, heute Donji Kraljevec in Kroatien; † 30. März 1925 in Dornach bei Basel), war ein österreichischer Johann Wolfgang von Goethe-Forscher, Philosoph und Geistesforscher, der durch die von ihm systematisch entwickelte Anthroposophie einen neuen, zukunftsweisenden wissenschaftlichen Zugang zur geistigen Welt eröffnete.

Überblick über Steiners Werk

Rudolf Steiner entwickelte er ab 1900 die Anthroposophie als Wissenschaft vom Geistigen, ausgehend von der Beobachtung des Denkens nach naturwissenschaftlicher Methode, die er schon in seiner 1894 erschienen «Philosophie der Freiheit» ausführlich dargestellt und in deren zweitem Teil einen auf das selbstbewusste freie Ich gestützten ethischen Individualismus begründet hatte.

Mit der Eurythmie schuf Steiner eine neue Bewegungskunst sowie mit dem Goetheanum in Dornach als Sitz einer unabhängigen Freien Hochschule für Geisteswissenschaft und durch weitere Bauten einen neuen, organischen Architekturstil. In erheblichem Umfang gab er Anleitung für die Kunst der Rezitation und Deklamation. Die Waldorfschule ermöglicht ein natürlicheres Lernen, die biologisch-dynamische Landwirtschaft lebensvolle Ernährung, der Gedanke der Dreigliederung des sozialen Organismus soll das Prinzip der Freiheit im Geistesleben, der Gleichheit im Rechtsleben und der Brüderlichkeit im Wirtschaftsleben ermöglichen. Gemeinsam mit Ita Wegman schuf Steiner die anthroposophisch erweiterte Medizin. Auch zu weiteren Künsten und zu den Naturwissenschaften hat er Fachleuten, meist auf deren Bitten, Anregungen gegeben.

Leben und Schaffen

Kindheit

Das vermutliche Wohnhaus der Familie Steiner in Kraljevec. Rudolf Steiners Geburtshaus war hingegen mutmaßlich das Stationshaus an der Südbahnstrecke, welches im ersten Weltkrieg zerstört wurde.[4]

Rudolf Steiner hat in Kraljevec, welches damals dem Kaisertum Österreich angehörte, (heute in Kroatien gelegen), das Licht der Welt erblickt. Sein Elternhaus war freigeistig, der Vater, Johann Steiner (1829–1910), war Eisenbahnbeamter; seiner Mutter Franziska Steiner, geborene Blie (1834–1918), ist er stets in einem liebevollen gemüthaften Verhältnis verbunden geblieben. Beide Elternteile stammten aus dem niederösterreichischen Waldviertel, wohin sie auch wieder zurückkehrten, nachdem der Vater in den Ruhestand getreten war. Rudolf Steiner hatte zwei jüngere Geschwister: Leopoldine (1864–1927), die als Näherin bis zu deren Tod bei den Eltern wohnte, und Gustav (1866–1941), der gehörlos geboren wurde und zeitlebens auf fremde Hilfe angewiesen war. Der Vater war zuvor als Förster und Jäger in Diensten des Horner Reichsgrafen Hoyos (eines Sohns von Graf Johann Ernst Hoyos-Sprinzenstein) tätig; als dieser ihm 1860 seine Zustimmung zur Hochzeit verweigerte, quittierte er den Dienst und fand eine Anstellung als Bahntelegrafist bei der Südbahn.

Johann Steiner (1829–1910), der Vater Rudolf Steiners
Franziska Steiner, geborene Blie (1834–1918), seine Mutter

Die Familie zog mehrmals um: 1862 nach Mödling, ein Jahr später nach Pottschach und 1869 nach Neudörfl. Ein tiefes Rätsel bot sich ihm durch einen in Brand geratenen Eisenbahnwagen:

„Einmal gab es auf der Bahnstation etwas ganz «Erschütterndes». Ein Eisenbahnzug mit Frachtgütern sauste heran. Mein Vater sah ihm entgegen. Ein hinterer Wagen stand in Flammen. Das Zugpersonal hatte nichts davon bemerkt. Der Zug kam bis zu unserer Station brennend heran. Alles, was sich da abspielte, machte einen tiefen Eindruck auf mich. In einem Wagen war Feuer durch einen leicht entzündlichen Stoff entstanden. Lange Zeit beschäftigte mich die Frage, wie dergleichen geschehen kann. Was mir meine Umgebung darüber sagte, war, wie in ähnlichen Dingen, für mich nicht befriedigend. Ich war voller Fragen; und mußte diese unbeantwortet mit mir herumtragen. So wurde ich acht Jahre alt. — Als ich im achten Lebensjahre stand, übersiedelte meine Familie nach Neudörfl, einem kleinen ungarischen Dorfe.“[5]

Nach dem Umzug nach Neudörfl, besuchte Rudolf Steiner zunächst die örtliche Dorfschule und anschließend das Realgymnasium in Wiener Neustadt.

Ein übersinnliches Erlebnis aus dieser Zeit, machte einen besonders tiefen Eindruck auf ihn:

„Aber auch noch etwas anderes bot sich dem Knaben. Da saß er eines Tages in jenem Wartesaale ganz allein auf einer Bank. In der einen Ecke war der Ofen, an einer vom Ofen abgelegenen Wand war eine Tür; in der Ecke, von welcher aus man zur Tür und zum Ofen schauen konnte, saß der Knabe. Der war dazumal noch sehr, sehr jung. Und als er so dasaß, tat sich die Tür auf; er mußte es natürlich finden, daß eine Persönlichkeit, eine Frauenspersönlichkeit, zur Türe hereintrat, die er früher nie gesehen hatte, die aber einem Familiengliede außerordentlich ähnlich sah. Die Frauenspersönlichkeit trat zur Türe herein, ging bis in die Mitte der Stube, machte Gebärden und sprach auch Worte, die etwa in der folgenden Weise wiedergegeben werden können: «Versuche jetzt und später, so viel du kannst», so etwa sprach sie zu dem Knaben, «für mich zu tun!» Dann war sie noch eine Weile anwesend unter Gebärden, die nicht mehr aus der Seele verschwinden können, wenn man sie gesehen hat, ging zum Ofen hin und verschwand in den Ofen hinein. Der Eindruck war ein sehr großer, der auf den Knaben durch dieses Ereignis gemacht worden war. Der Knabe hatte niemanden in der Familie, zu dem er von so etwas hätte sprechen können, und zwar aus dem Grunde, weil er schon dazumal die herbsten Worte über seinen dummen Aberglauben hätte hören müssen, wenn er von diesem Ereignis Mitteilung gemacht hätte. Es stellte sich nach diesem Ereignis nun folgendes ein. Der Vater, der sonst ein ganz heiterer Mann war, wurde nach jenem Tage recht traurig, und der Knabe konnte sehen, daß der Vater etwas nicht sagen wollte, was er wußte. Nachdem nun einige Tage vergangen waren und ein anderes Familienglied in der entsprechenden Weise vorbereitet worden war, stellte sich doch heraus, was geschehen war. An einem Orte, der für die Denkweise der Leute, um die es sich da handelt, recht weit von jenem Bahnhofe entfernt war, hatte sich in derselben Stunde, in welcher im Wartesaale dem kleinen Knaben die Gestalt erschienen war, ein sehr nahestehendes Familienglied selbst den Tod gegeben.“[6]

Für den Ministranten waren auch die Begegnungen mit Mönchen aus der Nachbarschaft der Anlass zu drängenden Fragen geworden:

„Den Mönchen begegnete ich oft auf meinen Spaziergängen. Ich weiß noch, wie gerne ich von ihnen wäre angesprochen worden. Sie taten es nie. Und so trug ich von der Begegnung nur immer einen unbestimmten, aber feierlichen Eindruck davon, der mir immer lange nachging. Es war in meinem neunten Lebensjahre, da setzte sich in mir die Idee fest: im Zusammenhange mit den Aufgaben dieser Mönche müssen wichtige Dinge sein, die ich kennen lernen müsse. Auch da war es wieder so, daß ich voller Fragen war, die ich unbeantwortet mit mir herumtragen mußte.“[7]

Im Geschichtsunterricht beschäftigte er sich schon im frühen Alter mit Immanuel Kants Kritik der reinen Vernunft:

„Ich trennte nun die einzelnen Bogen des Kantbüchleins auseinander, heftete sie in das Geschichtsbuch ein, das ich in der Unterrichtsstunde vor mir liegen hatte, und las nun Kant, während vom Katheder herunter die Geschichte «gelehrt» wurde. Das war natürlich gegenüber der Schuldisziplin ein großes Unrecht; aber es störte niemand und es beeinträchtigte so wenig, was von mir verlangt wurde, daß ich damals in der Geschichte die Note «vorzüglich» bekam.“[8]

Als Student in Wien

Als Abiturient 1879

An der Technischen Hochschule Wien studierte Steiner ab 1879 Biologie, Chemie, Physik und Mathematik. Der Student entwickelte eine hohe Wertschätzung für den Germanistikprofessor Karl-Julius Schröer. Auf dessen Empfehlung hin, gab er in Kürschners Deutscher Nationalliteratur Goethes naturwissenschaftliche Schriften heraus[9] und veröffentlichte in Zeitungen literarische Abhandlungen.

An seinen Freund Josef Köck schrieb Rudolf Steiner von einem Erlebnis, das ihm einen ersten Einblick in sein „innerstes, von allem, was von außen hinzukam, entkleidetes Selbst“ gewährte. Dieser erste von Rudolf Steiner erhaltene Brief ist mit 13. Januar 1881, 12 Uhr mitternachts datiert:

„Es war die Nacht vom 10. auf den 11. Januar, in der ich keinen Augenblick schlief. Ich hatte mich bis ½ 1 Uhr mitternachts mit einzelnen philosophischen Problemen beschäftigt, und da warf ich mich endlich auf mein Lager; mein Bestreben war voriges Jahr, zu erforschen, ob es denn wahr wäre, was Schelling sagt: «Uns allen wohnt ein geheimes, wunderbares Vermögen bei, uns aus dem Wechsel der Zeit in unser innerstes, von allem, was von außen hinzukam, entkleidetes Selbst zurückzuziehen und da unter der Form der Unwandelbarkeit das Ewige in uns anzuschauen.» Ich glaubte und glaube nun noch, jenes innerste Vermögen ganz klar an mir entdeckt zu haben – geahnt habe ich es ja schon längst –; die ganze idealistische Philosophie steht nun in einer wesentlich modifizierten Gestalt vor mir; was ist eine schlaflose Nacht gegen solch einen Fund!“[10]

Brunn am Gebirge

Das Brunner Heimathaus: Das Kämmerchen im 1. Stock direkt über dem Torbogen war Rudolf Steiners Arbeitszimmer, im anschließenden Erkerzimmer befand sich das Wohnzimmer der Familie Steiner.

Von 1882 bis 1887 lebte die Familie Steiners in Brunn am Gebirge, wo Steiner an seinen Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften (GA 1) zu schreiben begann. Er gab darin eine umfassende Darstellung der Goetheanistischen Wissenschaftsmethodik, die, anders als herkömmliche wissenschaftliche Verfahren, von der Verwendung künstlicher Messgeräte und quantitativer Auswertungen weitgehend absieht und in ihrer Zielsetzung frei von spekulativen Elementen, Hypothesen und Modellvorstellungen ist, sondern sich vielmehr auf die genaue Beobachtung der Naturphänomene und ihren ideellen inneren Zusammenhang gründet. Durch „Anschauende Urteilskraft“, d. h. durch ein Denken, das sich nicht von den Phänomenen absondert, sollen sie ihren ideellen Zusammenhang, ihre gesetzmäßige Verbindung, selbst enthüllen und dadurch ihr eigentliches Wesen der geistigen Anschauung zugänglich machen. Erst dadurch ist das vollständige Phänomen so gegeben, wie es in der Wirklichkeit an sich besteht.

In seinen erstmals 1886 veröffentlichten Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung, mit besonderer Rücksicht auf Schiller (GA 2) gab er eine Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung, die darauf beruhe, dass sich im menschlichen Denken unmittelbar das innere Wesen der Welt ausspreche und zusammen mit dem beobachteten Phänomen erst die volle Wirklichkeit ergebe:

„Man setzt das Denken herab, wenn man ihm die Möglichkeit entzieht, in sich selbst Wesenheiten wahrzunehmen, die den Sinnen unzugänglich sind. Es muß in der Wirklichkeit außer den Sinnesqualitäten noch einen Faktor geben, der vom Denken erfaßt wird. Das Denken ist ein Organ des Menschen, das bestimmt ist, Höheres zu beobachten als die Sinne bieten. Dem Denken ist jene Seite der Wirklichkeit zugänglich, von der ein bloßes Sinnenwesen nie etwas erfahren würde. Nicht die Sinnlichkeit wiederzukäuen ist es da, sondern das zu durchdringen, was dieser verborgen ist. Die Wahrnehmung der Sinne liefert nur eine Seite der Wirklichkeit. Die andere Seite ist die denkende Erfassung der Welt.[11]

Privatlehrer bei Familie Specht

Rudolf Steiner (zweiter von links) im Kreis der Familie Specht und weiterer Mitbewohner des «Berghofes», Sommer 1889

Von 1884 bis 1890 verdiente sich Steiner sein Studium durch die Tätigkeit als Privatlehrer eines als unbeschulbar geltenden hydrocephaluskranken Kindes in der prominenten Wiener Familie Specht, das dadurch später Medizin studierte und Arzt wurde.

Mit der Dichterin Marie Eugenie delle Grazie knüpfte er eine Freundschaft, Marie Lang vermittelte eine gleiche mit Rosa Mayreder, aber auch mit Leuten aus dem Volk wie dem Kräutersammler Felix Koguzki pflegte Rudolf Steiner intensiveren Kontakt.

Als Goetheforscher in Weimar

1890 übernahm Steiner auf Schröers Vorschlag am Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar die Herausgabe der Naturwissenschaftlichen Schriften Goethes für die große Weimarer Goethe-Ausgabe, die so genannte „Sophien-Ausgabe“.

Die Technische Hochschule in Wien verließ Steiner ohne Abschluss, promovierte aber in Rostock 1891 mit seiner Dissertationsschrift „Die Grundfrage der Erkenntnistheorie mit besonderer Rücksicht auf Fichtes Wissenschaftslehre. Prolegomena zur Verständigung des philosophischen Bewußtseins mit sich selbst“ zum Dr. phil.[12]

„Äußere Tatsachen bewirkten nur, daß ich es in Wien nicht machen konnte. Ich hatte die Realschule, nicht das Gymnasium offiziell hinter mir, hatte mir die Gymnasialbildung, Privatunterricht darin erteilend, auch privat angeeignet. Das schloß in Osterreich das Doktorieren aus. Ich war in die «Philosophie» hineingewachsen, hatte aber einen offiziellen Bildungsgang hinter mir, der mich von allem ausschloß, in das den Menschen das Philosophiestudium hineinstellt.“[13]
Rudolf Steiner – Joseph Rolletschek, 1894, Weimar

Weimar war Steiners erste größere Reise, aber es brachte auch neue Kontakte: einen Umzug zu Anna Eunike, die er später heiratete, Freundschaft mit Gabriele Reuter, eine teils problematische Zusammenarbeit mit Nietzsches Schwester, Elisabeth Förster-Nietzsche, in deren Nietzsche-Archiv in Naumburg er vor dem umnachteten Philosophen stand, eine Begegnung mit Ernst Haeckel, das Erlebnis Heinrich von Treitschkes als einer Autorität, die aus äußerlichen Gründen nur schwer kommunizieren konnte, vor allem aber die Zusammenarbeit an der Weimarer Ausgabe mit Herman Grimm.

1894 veröffentlichte Steiner das erkenntnismethodologische Grundlagenwerk „Die Philosophie der Freiheit – Seelische Beobachtungsresultate nach naturwissenschaftlicher Methode“. Zu der christlichen Grundhaltung dieser Schrift äußerte sich Steiner unter anderem folgendermaßen:

„Diese «Philosophie der Freiheit» ist eigentlich eine Moralanschauung, welche eine Anleitung dazu sein will, die toten Gedanken als Moralimpulse zu beleben, zur Auferstehung zu bringen. Insofern ist innerliches Christentum durchaus in einer solchen Freiheitsphilosophie.“[14]
„Daher hat man eben meine «Philosophie der Freiheit» die Philosophie des Individualismus genannt im extremsten Sinne. Das mußte sie auch sein, weil sie auf der anderen Seite die christlichste der Philosophien ist.“[15]

Ein Versuch, in Jena Professor zu werden, scheiterte.

Berlin

Rudolf Steiner (1916)

Zwischen 1898 und 1900 gab Steiner in Berlin das Magazin für Literatur heraus und unterrichtete bis 1904 an der Arbeiterbildungsschule. 1902 übernahm er zusammen mit Marie von Sivers die Leitung der neugegründeten deutschen Sektion der Theosophischen Gesellschaft. Im gleichen Jahr fasste Steiner den Inhalt einer Vortragsreihe zusammen, in welcher er die „Entstehung des Christentums aus der mystischen Anschauung heraus“ geschildert hatte.[16] In dem Werk Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten? stellte er die Wege zur spirituellen Selbsterkenntnis und Selbstverwandlung auf einer Grundlage dar, wie sie ihm zeitgemäß erschien. 1904 legte er in seinem Werk Theosophie und später in Die Geheimwissenschaft im Umriss (1909) u. a. durch Ausführungen über die Wesensglieder des Menschen, die Farben der Aura und die Planetenzustände der Erde den Ideengehalt der Anthroposophie dar. Aus seinen Aufgaben in der Theosophischen Gesellschaft entwickelte sich eine reiche Vortragstätigkeit. Die Mitschriften der damals gegebenen und späterer ähnlicher Darstellungen, von ihrem Schöpfer aufgrund der enormen Arbeitslast zum größten Teil nicht noch einmal durchgesehen, stellen das Mehr der Bände der Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe, deren Zahl bis heute auf über 400 gestiegen ist.

1913 trennte sich die deutsche Sektion von der Theosophischen Gesellschaft, weil der christlich-anthroposophische Ansatz Rudolf Steiners und Marie von Sivers’ in ihr mehr und mehr auf Missfallen gestoßen und 1911 von Annie Besant und Charles Leadbeater der Hinduknabe Jiddu Krishnamurti als Wiedergeburt Jesu und künftiger Weltenlenker verkündet worden war. Die Anthroposophische Gesellschaft wurde gegründet, der sich viele theosophische Gruppen im Ausland anschlossen.

Dornach und das Goetheanum

Marie von Sivers (1867–1949)

1914 heiratete Steiner in Dornach seine Mitarbeiterin Marie von Sivers.

Die Anthroposophische Gesellschaft wuchs rasch und 1913 begann in Dornach der Bau des ersten Goetheanums als eines Theater- und Verwaltungsgebäudes für ihre jährlichen Treffen. Von Steiner entworfen, schafften daran zu einem großen Teil Freiwillige, die Fachkenntnisse oder auch bloß den Willen zu bieten hatten, etwas Neues zu lernen. Auf dem Gebiet der Plastik war Edith Maryon maßgeblich beteiligt. 1919 kam es hier zur weltweit ersten Aufführung des gesamten Faust von Goethe. In Dornach, in dem fast ununterbrochen der Kanonendonner zu hören war, arbeiteten während des Krieges herausragende Künstler aus sechzehn teils verfeindeten Ländern zusammen. Das Goetheanum ist als ein „Haus der Sprache“ oder ein „Haus des Wortes“ gedacht. Von ihm aus sollen Menschen, die sich ihres Menschentums auch wirklich voll bewusst sind, in Zusammenarbeit mit anderen geistigen Einrichtungen – Gemeinden, Schulen und Hochschulen – für ein neues Ernstnehmen der inneren Seite des Menschen wirken.

Anthroposophische Architektur

Westansicht des zweiten Goetheanums in Dornach bei Basel, von Steiner entworfen und als Grundstein für ein freies Geistesleben gedacht.

Auf dem Dornacher Hügel hatte Steiner nicht nur das erste Goetheanum als Hauptsitz der anthroposophischen Bewegung entworfen, sondern nach dem Brande auch die Grundlagen für den Bau des zweiten Goetheanum angegeben. Das Glashaus vermittelt noch einen Eindruck davon, wie das erste Goetheanum ausgesehen hat. Haus Duldeck weist ebenso eine geisteswissenschaftliche Baukunst auf, wie sie auch in zahlreichen Waldorfschulen noch heute zu finden ist. (Siehe hierzu: Steiner, Wege zu einem neuen Baustil)

Die Eurythmie

Die Eurythmie, die Musik und Sprache durch Bewegung sichtbar macht, hatte in der Aufführungskunst von Dramen Edouard Schurés durch Mieta Waller und Marie Steiner bereits Vorläufer. Steiner entwickelte sie zwischen 1913 und 1924 auf eine Anfrage von Lory Maier-Smits hin.

→ Siehe den Artikel Eurythmie in AnthroWiki

Ausgeweitetes öffentliches Wirken

Durch die esoterischen Unterweisungen für Eliza von Moltke begegnete Rudolf Steiner schon vor dem Ersten Weltkrieg deren Gatten Helmuth Johannes Ludwig von Moltke, der von 1906 bis zum 14. September 1914 Chef des Großen Generalstabes war und während des Krieges Kontakte zu einem guten Teil der wichtigsten deutschen Politiker hatte. Mit seiner Unterstützung versuchte Steiner u. a. die Stellung eines offiziellen Fürsprechers für Deutschland in der Welt zu erlangen, was ihm aber von der deutschen Führung mit der Begründung nicht gewährt wurde, dass er ein Österreicher sei.

In der durch Alexander von Bernus begründeten Zeitschrift «Das Reich» schrieb Steiner gemeinsam u. a. mit Alfred Kubin und Else Lasker-Schüler.

Die Dreigliederung

Nach dem ersten Weltkrieg warb Steiner ab 1919 verstärkt in der Öffentlichkeit für den Gedanken einer Dreigliederung des sozialen Organismus, die das Prinzip eines freien Geisteslebens, der Gleichheit im Rechtsleben und der Brüderlichkeit im Wirtschaftsleben vorsah (siehe Die Kernpunkte der sozialen Frage). Er verfasste einen Aufruf an das deutsche Volk und an die Kulturwelt, der die Idee voranbringen sollte und von prominenten Künstlern wie Hermann Bahr, Hermann Hesse und Bruno Walter unterzeichnet wurde. Wegen zunehmender Angriffe, vor allem der politischen Rechten, musste Steiner seine diesbezüglichen Aktivitäten in Deutschland 1922 einstellen, nachdem ein Attentat auf ihn gerade noch vereitelt werden konnte.

→ Siehe den Artikel Dreigliederung in AnthroWiki

Die Waldorfschule

Waldorfschule Trier

1919 entstand in Stuttgart eine erste Freie Waldorfschule. Sie war aus allgemeinbildenden Kursen für die Arbeiter der Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik herausgewachsen, die Steiner organisiert hatte, und hatte auch Impulse aus dem Bestreben erhalten, die modernen, verzweigten Arbeitsvorgänge für den einzelnen Schaffenden durch eine Betriebskunde überschaubarer zu machen. Die Arbeiter wollten ein Gleiches auch für ihre Kinder. Steiner entwickelte in Vortragsreihen und Lehrerbildungskursen eine neue Erziehungskunst, die genau auf die Entwicklungsstufen und geistigen Fähigkeiten und Bedürfnisse des Kindes auf seinem Weg zum erwachsenen Menschen abgestimmt ist. Parallel zur Gründung der Waldorfschule, riet Rudolf Steiner zur Einrichtung von einem Weltschulverein, der jedoch von den Beteiligten nicht mehr umgesetzt wurde. Ergänzt wurden die für sie gegebenen Hinweise durch einen heilpädagogischen Kurs.

→ Siehe den Artikel Waldorfschule in AnthroWiki

Brand des ersten Goetheanums

Das erste Goetheanum

In der Silvesternacht 1922/23 setzten Gegner das Goetheanum in Brand, welches dadurch bis auf die Grundmauern zerstört wurde (die Versicherung hat ebenfalls Brandstiftung als Ursache anerkannt). Ende 1923 hat Steiner auf der Weihnachtstagung die nun „Allgemeine“ Anthroposophische Gesellschaft neu begründet. Dadurch wollte er, anders als bis dahin, die Bewegung mit ihrer äußeren Hülle in eins bringen. Die Grundsteinlegung für den größeren Nachfolgerbau erfolgte 1924.

→ Siehe den Artikel Goetheanum in AnthroWiki

Die biologisch-dynamische Landwirtschaft

Demeter

1924 gab Steiner in Koberwitz bei Breslau mit einem landwirtschaftlichen Kurs den Startschuss für die Entwicklung der biologisch-dynamischen Landwirtschaft.

→ Siehe den Artikel Biologisch-dynamische Landwirtschaft in AnthroWiki

Die anthroposophisch erweiterte Medizin

Ita Wegman (1876–1943)

Ebenfalls in seiner letzten Lebenszeit krönte Steiner seine Anregungen für eine innerlich erweiterte Medizin durch das Werk Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst nach geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen, das er gemeinsam mit der Ärztin Ita Wegman herausgegeben hat. Der Ansatz ist dabei, dass die Schulmedizin keineswegs abgelehnt, sondern nur ergänzt wird, indem man bei der Behandlung anthroposophische Erkenntnisse berücksichtigt, bestimmte Methoden hinzufügt und nur zum Teil, auf Wunsch des Patienten, gewisse Therapien auch durch eigene anthroposophische ersetzt.

„Aber alle diese Dinge sind im Anfange. Medizin wird eine geistige Wissenschaft werden. Und wie man in alten Zeiten die Medizin als geistige Wissenschaft gekannt hat, wird man sie als geistige Wissenschaft wiedererkennen.“[17]

→ Siehe den Artikel Anthroposophisch erweiterte Medizin in AnthroWiki

Die Naturwissenschaften

Methodisch streben die modernen Naturwissenschaften, unter weitgehender Abstreifung der unmittelbar erfahrbaren Sinnesqualitäten, nach einer möglichst quantitativen Erfassung der Natur und ihrer Abbildung durch ein mathematisches Modell. Damit lassen sich aber laut Steiner nur die Gesetzmäßigkeiten des Toten, des mehr oder weniger Mechanischen erfassen. Entgegen der heute verbreiteten Meinung gehorcht Lebendiges seinen eigenen Gesetzen, die sich nicht auf das quantitativ Berechenbare reduzieren lassen. Die von Rudolf Steiner propagierten Goetheanistischen Naturwissenschaften streben entsprechend nach einer rein qualitativen Erklärung der gesetzmäßigen Zusammenhänge der unmittelbar sinnlich gegebenen Naturphänomene. Komplexere Phänomene werden dabei entweder auf unmittelbar einsehbare grundlegende Urphänomene zurückgeführt oder durch Metamorphose ineinander übergeführt. Musterbeispiele dafür sind Goethes Farbenlehre und dessen Metamorphosenlehre.

Wer Steiners Ausführungen studiert, Lebendes gehorche seinen eigenen Gesetzen, wird aufgeschlossen, um Dinge zu erforschen, die zwischen dem Lebendigen und dem Toten vermitteln, Brücken von dem einen zum andren schlagen. Dies ist insbesondere durch die bildschaffenden Methoden der Anthroposophie möglich. So haben vor allem Theodor Schwenk die Tropfenbildmethode zur Erforschung der Wassergüte und Ehrenfried Pfeiffer die Methode der Kupferchloridkristallisation zur Bestimmung der Qualität von Lebensmitteln entwickelt.

Die Musik

Auch zur Musik hat Steiner Anregungen gegeben, die die Tonkunst umgreifend ändern. Er empfahl formliche Änderungen der Instrumente. Den Dirigenten Bruno Walter und den Komponisten Viktor Ullmann konnte er für die Anthroposophie gewinnen.

Die Christengemeinschaft

Friedrich Rittelmeyer, um 1917

1920 wurde Rudolf Steiner von einigen, damals überwiegend evangelischen Theologen und Theologiestudenten im Kreis um den evangelischen Pfarrer Friedrich Rittelmeyer (1872–1938) und Emil Bock (1895–1959) gebeten, Impulse für eine Erneuerung des religiösen Lebens zu geben. Steiner hielt daraufhin in den Jahren 1921–1924 eine Reihe von Vortragszyklen (GA 342 bis GA 346) zu diesem Thema und machte detaillierte Angaben zum Kultus und formulierte die dabei zu verwendenden Texte. 1922 wurde auf dieser Grundlage von 45 Gründungsmitgliedern die Christengemeinschaft als von der anthroposophischen Gesellschaft völlig unabhängige, eigenständige christliche Erneuerungsbewegung begründet.

„Das, was ich diesen Persönlichkeiten gegeben habe, hat nichts zu tun mit der anthroposophischen Bewegung. Ich habe es ihnen als Privatmann gegeben, und habe es so gegeben, daß ich mit notwendiger Dezidiertheit betont habe, daß die anthroposophische Bewegung mit dieser Bewegung für religiöse Erneuerung nichts zu tun haben darf; daß aber vor allen Dingen nicht ich der Gründer bin dieser Bewegung für religiöse Erneuerung; daß ich darauf rechne, daß der Welt das durchaus klargemacht werde, und daß ich einzelnen Persönlichkeiten, die von sich aus begründen wollten diese Bewegung für religiöse Erneuerung, die notwendigen Ratschlüsse gegeben habe, Ratschlüsse, die allerdings geeignet waren, einen gültigen und spirituell kräftigen, spirituell von Wesenheit erfüllten Kultus auszuüben, in rechtmäßiger Weise mit den Kräften aus der geistigen Welt heraus zu zelebrieren. Ich selber habe bei der Erteilung dieser Ratschläge niemals irgendeine Kultushandlung ausgeführt, sondern nur denjenigen, die in diese Kultushandlung hineinwachsen wollten, gezeigt, Schritt für Schritt, wie eine solche Kultushandlung zu geschehen hat. Das war notwendig. Und heute ist es auch notwendig, daß innerhalb der Anthroposophischen Gesellschaft dies richtig verstanden wird.“[18]

→ Siehe den Artikel Christengemeinschaft in AnthroWiki

Geistige Heimat und Zukunft

Lichtesweben, das erste malerische Werk Rudolf Steiners (1911)

Wie seine Kontakte mit Künstlern allerersten Ranges zeigen (so hat Steiner etwa für Wassily Kandinsky, Christian Morgenstern und Joseph Beuys systematische weltanschauliche Anleitung gegeben), ist der Begründer der Anthroposophie im Ganzen der europäischen Kultur zuhause. Hier ist Thomas von Aquin durch die Emanzipation der theologischen Wissenschaft von der Philosophie Steiners wichtigster Vorausverkünder. Rudolf Steiner hat in seinen Wahrspruchworten und Mysteriendramen indessen auch einen eigenen literarischen Stil entwickelt. Rosa Mayreder hat dies nach seinem Tod mit Goethes wirklichkeitsnahem Stil in Dichtung und Wahrheit verglichen.

Über das Werk Rudolf Steiners wurde schon zu seinen Lebzeiten diskutiert. Streitfragen dabei waren viele Aussagen der Anthroposophie, die von Vertretern der universitären Wissenschaft nicht akzeptiert wurden, und die religiösen Ansätze, die von den Amtskirchen verurteilt wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden insbesondere in Deutschland Äußerungen Steiners zur Rassenfrage und zum Judentum kritisiert. Die von ihm verfassten Werke sind – wie bei vielen anderen Philosophen – jedoch teilweise nur aus dem Kontext der damaligen Zeit zu verstehen.

Würdigung der Anthroposophie Rudolf Steiners

„Dieses umfassende Werk ist ein unendlicher Baum der Weisheit. Die Gedanken von Rudolf Steiner wirken auf die Seele erhellend, klärend, das Licht an der exakt bemessenen Stelle bündelnd. Jene Ausdrücke und Beschreibungen, die Rudolf Steiner benützte, entsprechen sehr feinfühlig der geistigen Wirklichkeit, sie kommen dem übersinnlichen Erleben so nahe wie die Farbe dem Lichte. Rudolf Steiners Aurafarbe ist noch belebter, noch erquickender und erfrischender als diejenige von den ganz großen Heiligen der vergangenen Zeiten, sie leuchtet aus erstrahlendem Goldgelb und leidenschaftslosem Schimmer von Rot. Das Werk ist eine einzigartige Präzision und zugleich in aller Tiefe des zusammenhängenden Wissens wohlverwurzelte Gedankenschöpfung. Die Gedanken sind keinesfalls eine Phantasterei, sondern besitzen in den geistigen Hierarchien eine konkrete Existenz. Es sind Angaben zum Teil aus dem Astralreich und teilweise aus dem Devachanreich. In Rudolf Steiner lebte und wirkte das Ich des Christus. Dieses Ich gibt dem verehrenden Aspiranten den Schlüssel für eine andere Welt, in die er bislang nicht eintreten durfte. Er schließt das Tor der schmerzlichen mystischen Askese und öffnet die Wirklichkeit des Gedankens. Wer in den Schriften der Anthroposophie studiert, nimmt die Fähigkeit des Denkens in formender und bildender Weise auf, er wird sich mit neuen Sinnesgaben für das Leben rüsten, die ihm nicht zum Hindernis für die Spiritualität werden, sondern seine eigene Integrität mit engelsgleicher Freiheit begleiten.“
 – Heinz Grill, spiritueller Lehrer[19]

Werke (Auswahl)

Rudolf Steiner hat neben 24 Büchern eine Vielzahl von Schriften und Artikeln veröffentlicht und mehr als 5600 Vorträge im In- und Ausland gehalten. Ein Großteil der Vorträge ist in Mitschriften von Berufsstenographen und Vortragszuhörern erhalten geblieben. Sie erschienen zunächst häufig im Privatdruck und in Zeitschriften. Später begannen verschiedene Verlage (u. a. Philosophisch-anthroposophischer Verlag, Rudolf-Steiner Verlag), die Vorträge, Bücher im engeren Sinne wie auch die dazu gehörigen Wandtafelbilder zu edieren und publizieren.

Literatur

  • Margarete und Erich Kirchner Bockholt: Die Menschheitsaufgabe Rudolf Steiners und Ita Wegman. Privatdruck für Mitglieder der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft, Philosophisch-Anthroposophischer Verlag, Goetheanum, Dornach 1976 (hier: 2. Auflage 1981), S. 63–69
  • Christoph Lindenberg: Rudolf Steiner – eine Biographie. Verlag Urachhaus, Stuttgart 1997, ISBN 978-3772515514
  • Christoph Lindenberg: Rudolf Steiner – Eine Chronik: 1861–1925. Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2010, ISBN 978-3772518614
  • Taja Gut: Aller Geistesprozess ist ein Befreiungsprozess – Der Mensch Rudolf Steiner. Pforte Verlag, 2000
  • Karen Swassjan: Rudolf Steiner: Ein Kommender. Verlag am Goetheanum, Dornach 2005, ISBN 978-3723512593
  • Mieke Mosmuller: Rudolf Steiner. Eine spirituelle Biographie. Occident Verlag 2011, ISBN 978-3000362019
  • Peter Heusser (Hrsg.), Johannes Weinzirl (Hrsg.), Arthur Zajonc (Vorwort): Rudolf Steiner: Seine Bedeutung für Wissenschaft und Leben heute. Schattauer Verlag 2013, ISBN 978-3794529476
  • Peter Selg: Rudolf Steiner 1861–1925. Lebens- und Werkgeschichte. 3 Bände im Schuber, Ita Wegman Institut 2012, ISBN 978-3905919271
  • Martina Maria Sam: Rudolf Steiner: Kindheit und Jugend (1861–1884). Verlag am Goetheanum, Dornach 2018, ISBN 978-3723515914
  • Martina Maria Sam: Rudolf Steiner: Die Wiener Jahre. Verlag am Goetheanum 2021, ISBN 978-3723516744
  • Lorenzo Ravagli: Rudolf Steiners Weg zu Christus: Von der philosophischen Gnosis zur mystischen Gotteserfahrung. Akanthos Akademie Edition, Stuttgart 2018, ISBN 978-3746096971
  • Johannes Hemleben: Rudolf Steiner in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Rowohlts Monographien 79, 151.-160. Tausend, Reinbek bei Hamburg 1980
  • Gerhard Wehr: Rudolf Steiner. Leben - Erkenntnis - Kulturimpuls. Kösel Vlg, 1987
  • Friedwart Husemann: Rudolf Steiners Entwicklung. Vlg. am Goetheanum, Dornach 1999, ISBN 978-3723510476
  • Friedwart Husemann: Rudolf Steiners Schriften in 50 kurzen Porträts. Vlg. am Goetheanum, Dornach 2018, ISBN 978-3723515969
  • Wolfgang Zumdick: Rudolf Steiner in Wien: Die Orte seines Wirkens. Metroverlag 2010, ISBN 978-3993006020
  • Wolfgang G. Vögele (Hrsg.): Sie Mensch von einem Menschen! Rudolf Steiner in Anekdoten. Futurum 2012, ISBN 978-3856362379
  • Ernst-Christian Demisch (Hrsg.), Christa Greshake-Ebding (Hrsg.), Johannes Kiersch (Hrsg.): Steiner neu lesen: Perspektiven für den Umgang mit Grundlagentexten der Waldorfpädagogik. Kulturwissenschaftliche Beiträge der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft, Band 12, Peter Lang GmbH 2014, ISBN 978-3631649695
  • Wolfgang Gädeke: »Viel mehr als nur die Antwort auf meine Frage«: Rudolf Steiner als Seelsorger. 2. Edition, Urachhaus Verlag 2017, ISBN 978-3825179564
  • Heiner Ullrich: Rudolf Steiner: Leben und Lehre. Verlag C.H.Beck 2010, ISBN 978-3406612053
  • Miriam Gebhardt: Rudolf Steiner: Ein moderner Prophet. Pantheon Verlag 2013, ISBN 978-3570551806
  • Ulrich Kaiser: Der Erzähler Rudolf Steiner: Studien zur Hermeneutik der Anthroposophie. Info 3 2020, ISBN 978-3957791115
  • R. Schmidt: Steiner Rudolf Joseph Lorenz. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Vol. 13, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien 2010, ISBN 978-3-7001-6963-5, S. 176 f, S. 176 PDF, S. 177 PDF

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Einzelnachweise

  1. In den offiziellen Dokumenten wurde, wie damals üblich, der 27. Februar angegeben, das Taufdatum. In einer handschriftlichen Aufzeichnung Steiners steht: „Meine Geburt fällt auf den 25. Februar 1861. Zwei Tage später wurde ich getauft.“ (erstmals dokumentiert in Beiträge zur Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe, Heft 49/50). Gemäß im Jahr 2009 aufgetauchten neuen Dokumenten ist der 27. Februar der Geburtstag und auch als solcher in den Taufschein eingetragen. Das meint jedenfalls Günter Aschoff (vgl. Rudolf Steiners Geburtstag am 27. Februar 1861 – Neue Dokumente. In: Das Goetheanum, Nr. 9/2009, S. 3 ff (PDF). Laut Aschoff sei Steiner zeitweise selbst fälschlicherweise davon ausgegangen, dass er am 25. Februar geboren worden sei. Endgültig geklärt ist die Geburtstagsfrage damit aber nicht. Auch Aschoff schließt sehr vorsichtig mit der Aussage: „All dies und ebenso das, was Rudolf Steiner in Vorträgen gesagt und selbst veröffentlicht hat, weist auf den 27. Februar 1861 als sein Geburtsdatum hin“. Dem englischen Astrologen und Theosophen Alan Leo hat Steiner vermutlich während des Münchner Kongresses 1907 auf dessen Frage als Geburtsstunde 23:15h gennannt. Alan Leo erstellte nach diesen Angaben das Geburtshoroskop Rudolf Steiners, das in dessen The Art of Synthesis (1908 schon in 2. Auflage erschienen) veröffentlicht wurde (PDF).
  2. Rudolf Steiners Geburtshoroskop für den 27. Februar erstellte auch der Astrologe Manfred Magg: Rudolf Steiner – Geburtshoroskop. Magg weist dabei insbesondere auf wesentlichen Unterschiede in Hinblick auf die Mondstellung hin. Geht man von einer Geburt am 27. aus, steht der Mond im Tierkreiszeichen Waage, was plausibel erscheint (PDF).
  3. Vgl. auch Thomas Meyers Argumentation für den 27. Februar im Europäer, Jg.15, Nr. 11 (Sept. 2011), S. 7–9, PDF: [1].
  4. Oskar Schmiedel: Aus dem Lande, in dem Rudolf Steiner seine Kindheit und Jugend verbrachte. Verlag der Rudolf Steiner-Nachlaßverwaltung, Dornach, 1952, Seite 13.
  5. Rudolf Steiner: Mein Lebensgang. GA 28. 9. Auflage. Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2000, ISBN 3-7274-0280-6, S. 20. (Online)
  6. Rudolf Steiner: Autobiographischer Vortrag über die Kindheits- und Jugendjahre bis zur Weimarer Zeit. In: Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe. Heft Nr. 83/84.
  7. Rudolf Steiner: Mein Lebensgang. ebd. S. 22 f.
  8. Rudolf Steiner: Mein Lebensgang. ebd. S. 43.
  9. Rudolf Steiner: Mein Lebensgang. ebd. S. 124 f.
  10. Rudolf Steiner: Briefe. Band I. GA 38. 3. veränderte und erweiterte Auflage. Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1985, ISBN 3-7274-0380-2, S. 13. (Online)
  11. Rudolf Steiner: Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung mit besonderer Rücksicht auf Schiller. GA 2. 8. Auflage. Rudolf Steiner Verlag, Dornach 2003, ISBN 3-7274-0380-2, S. 62 f. (Online)
  12. Ohne Prädikat – Ein Symposium über Rudolf Steiners Promotion in Rostock anlässlich seines 150. Geburtstags. Abgerufen am 6. August 2024.
  13. Rudolf Steiner: Mein Lebensgang. ebd. S. 214.
  14. Rudolf Steiner: Das Sonnenmysterium und das Mysterium von Tod und Auferstehung. GA 211. 2. Auflage. Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1986, ISBN 3-7274-2110-X, S. 121. (Online)
  15. Rudolf Steiner: Menschliches Seelenleben und Geistesstreben im Zusammenhange mit Welt- und Erdentwickelung. GA 212. 2. Auflage. Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1998, ISBN 3-727-2120-7, S. 104. (Online)
  16. Vorwort zur zweiten Auflage 1902 in Rudolf Steiner: Das Christentum als mystische Tatsache und die Mysterien des Altertums. GA 8. 9. Auflage. Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1989, ISBN 3-7274-0080-3, S. 7. (Online)
  17. Rudolf Steiner: Individuelle Geistwesen und ihr Wirken in der Seele des Menschen. GA 178. 4. Auflage. Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1992, ISBN 3-7274-1780-3, S. 74. (Online)
  18. Rudolf Steiner: Das Verhältnis der Sternenwelt zum Menschen und des Menschen zur Sternenwelt. Die geistige Kommunion der Menschheit. Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1994, ISBN 3-7274-2190-8, S. 169. (Online)
  19. Heinz Grill: Die Orientierung und Zielsetzung des »Yoga aus der Reinheit der Seele«. Eine exoterische Arbeitsgrundlage. Verlag für Schriften von Heinz Grill, Soyen 1998, ISBN 3-9805742-8-8, S. 39.
Dieser Artikel basiert teilweise auf dem Artikel Rudolf Steiner in AnthroWiki. Dort ist eine Liste der Autoren einsehbar.


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