Übung

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Turnübung am Boden

Üben ist ein methodisch wiederholtes Handeln, das darauf zielt, Können zu bewahren, zu erwerben oder zu steigern. Geübt werden Praktiken, die man nicht unmittelbar durch Wille oder Entschluss ausführen kann, wie elementare und leibliche Lebens- und Weltvollzüge wie Gehen und Sprechen, komplexe Fertigkeiten und Fähigkeiten künstlerischer, sportlicher, handwerklicher und geistiger Art sowie individuelle Haltungen und Einstellungen.[1]

Eine Sportübung

Jedes Üben zielt erstens auf eine Sache, ein Thema oder einen Inhalt, die oder der geübt wird und besser gekonnt werden soll (Vokabelüben). Die Übung zielt zweitens auf die Aneignung einer bestimmten Art und Weise, eines Stils und/oder einer Methode, mit der die Sache geübt wird. Sie zielt drittens auf den Übenden selbst, auf sein Selbst, das in der Übung Stil und Form gewinnen soll. Geübt werden deshalb Haltungen und Einstellungen wie Urteilen, Konzentration, Aufmerksamkeit, Ambiguitätstoleranz, Imagination.[1] Kennzeichen der Übung ist die Wiederholung. Sie ist eine auf Stetigkeit und Dauerhaftigkeit angelegte Lernform. Zudem wird nur geübt, wenn man die angestrebte Fähigkeit und Fertigkeit noch nicht „kann“. Enttäuschungen, Irritationen und Scheitern gehören zur Erfahrung des eigenen Nicht-Könnens im Üben. Es ist für Erwachsene immer wieder erstaunlich, Kinder zu beobachten, die mit hoher „Fehler- und Frustrationstoleranz“ etwas üben (das sog. Montessoriphänomen). Darin wird die Intention des Kindes nicht gebremst, wohl aber das Ziel (zunächst) nicht erreicht.

Polizisten üben im Jahr 1931 an einer glatten provisorischen Hausfassade das Erklettern.

Oft ausgeführte Übungen sind der Schlüssel, um eine außergewöhnliche Fertigkeit oder sogar Meisterschaft zu erlangen.

Durch Üben werden Gedächtnisnhalte und Körperschemata gefestigt und verändert. Übungen sind daher auf Wissen und auf Können gerichtet.[2] Wesentlich für die Übung ist auch, dass mit ihr bestehendes Wissen und Können, Habitus und Kompetenz umgelernt bzw. umgeübt werden kann. Es gibt die sportlichen Übungen (Training), Übungen der verschiedenen Kampfsportarten, Instrumentalübungen (Etüden), geistliche Übungen (Exerzitien), philosophischen Übungen sowie die geistigen Übungen. Im militärischen Bereich wird durch Drill schnelles, unbewusst gesteuertes Handeln einstudiert, im Verkehrssicherheitstrainin der Umgang mit Fahrzeug und Verkehrssituation. Jede Übung hat auch bei unterschiedlicher Schwerpunktsetzung eine ästhetisch-sinnliche, eine methodisch-kognitive und eine praktisch-ethische Dimension. In der Neuzeit trat der methodische und kognitive Aspekt immer mehr in den Vordergrund. Die ästhetisch-sinnliche und die praktisch-ethische anderen gingen weitgehend verloren.

Geschichte

In der Antike bei Platon gilt die Übung (askesis) neben den natürlichen Voraussetzungen (physis) und der Lehre (mathesis) als wesentlicher Bestandteil des Lernens (Menon 70a).[3] Sokrates und Platon beziehen in ihrer praktischen Philosophie asketische Übungen auf körperliche und geistige Praktiken gleichermaßen. Im antiken Griechenland gibt es eine Fülle von praktischen Übungen im gymnastischen, medizinischen, erotischen, familiären und philosophischen Bereich. Reines Wissen (episteme) oder schiere Kunstfertigkeit (techne) ohne Übung gelten als ebenso sinn- und nutzlos wie Übung ohne Wissen und Kunstfertigkeit. Die praktischen Übungen sind mit den Praktiken des Wissens verzahnt und werden als Selbstsorge und Lebenskunst gepflegt. Dazu gehören auch Tugenden wie Mäßigung (sophrosyne) und Selbstbeherrschung (enkrateia). Zu einem gelingenden Leben (eudaimonia) tragen nach Aristoteles im Wesentlichen Übungen bei, weil nur eine wiederholte Handlung Tugend zum Habitus (hexis) werden lässt: „Denn das, was wir tun müssen, nachdem wir es gelernt haben, das lernen wir, indem wir es tun. So wird man durch Bauen ein Baumeister und durch Zitherspielen ein Zitherspieler. Ebenso werden wir durch gerechtes Handeln gerecht […]“ (Nikom. Ethik 1103a, 1103b).

Der Grundsatz der Lebenskunst und der Selbstsorge, dass das gelingende Leben der praktischen Übung bedarf, behält in der römischen Kaiserzeit, aber auch im Mittelalter Geltung. Schon im römischen Hellenismus rücken an die Stelle von Erfahrung und Handeln als Ziel der übenden Selbstsorge, Selbsterkenntnis und Wahrheit (Foucault 1990). Das Christentum treibt die Verinnerlichung im Zeichen der Keuschheit, des versprochenen Heils und des kirchlichen Gehorsams voran. Praktische Übungen werden in den Mönchsorden und in den kirchlichen Institutionen an ein persönliches Abhängigkeits- und Gehorsamsverhältnis sowie an das Beichtritual gekoppelt. Sie sind nun Praktiken der Entzifferung des geheimen und verborgenen, „sündigen“ Ich. Religiöse Übungen, Exerzitien, haben das Ziel, dass der Übende in ein Verhältnis zu Gott treten soll. Sie sollen Selbstüberwindung und Selbstordnung ermöglichen. In den „Geistlichen Übungen“ von Ignatius von Loyola wird dieses nach innen gerichtete Ziel didaktisch auf eine ganze Reihe von „äußerlichen“ Einzelzielen heruntergebrochen und durch ein System von Veranschaulichungen, Inszenierungen und Hilfen unterstützt, die eine stufenweise Progression ermöglichen sollen. Bei Ignatius findet sich über die antike Tradition der praktischen Übung und der Rhetorik hinaus eine Fülle von ästhetischen Übungsformen, die auf die „Anwendung der Sinne“ zielen.[4][5]

Sowohl die ästhetisch-sinnliche als auch die praktisch-ethische Dimension der Übung geht in der Neuzeit weitgehend verloren. Die geistige Übung als Meditation wird die bestimmende Form in der Philosophie. In den Meditationen von René Descartes und in der „ethischen Asketik“ Immanuel Kants wird Übung als eine Operation der Urteilskraft (KdrV B 172) gesehen, mit der die Regeln und Gesetze der Vernunft in Können umgesetzt werden. Der neuzeitliche Dualismus von Geist und Körper manifestiert sich in der Trennung von geistigen Übungen (der Urteilskraft, Vernunft) einerseits und leiblichen oder motorischen Übungen andererseits, die nun weitgehend getrennt ausgeführt werden. Die kulturellen Praktiken der sportlichen Übungen (Training), der musikalischen Übungen (Instrumentalisten, Virtuosen), der gezielten Übungen in spezifischen Leistungsdomänen (z. B. Schach) und der geistigen Übungen der intellektuellen Disziplinen sowie geistige und geistliche Meditationsformen (z. B. Zen bilden heute spezialisierte und differenzierte Formen beachtlicher Expertenschaft aus.[1]

Übung der Freiwilligen Feuerwehr Übersbach

Bei der Neuentwicklung von gesellschaftlichen Organisationsformen auf ehrenamtlicher Basis beispielsweise in Form von Freiwilligen Feuerwehren galt als wichtigste Maßnahme die Durchführung von Übungen.[6]

Pädagogik

Pädagogisch manifestiert sich der neuzeitliche Dualismus in der Unterrichtslehre des Philanthropismus im 18. Jh. über den Herbartianismus des 19. Jh. bis heute. Übung wird als sekundäre Lernform der Verarbeitung bzw. der Festigung bestimmt, die der Einsicht, dem Verstehen und Erklären nachgeordnet ist. Bis heute sind diese Stufen bzw. Phasen im Unterricht bestimmend: Einstieg, Erarbeitung, Anwendung bzw. Übung.[7] Die Übungs-Technologien einer dysfunktionalen Erziehung im 19. Jh. sollen durch Drill, mechanisches Pauken und stumpfes Automatisieren disziplinieren und normieren. Reformpädagogische Methodik lockert die Übungsmethoden auf und differenziert sie erheblich, kann aber nicht verhindern, dass Übungen in der Schule im Abseits stehen, meist als Nachbeschäftigung zuhause in Form von Hausaufgaben.[8] Übungen in der Schule zielen auf den Leib, ob durch Automatisierung und Stillsitzen oder in der sozialpädagogischen, „indirekten“ und reflektierten Disziplinierung im „Trainingsraum“. Übungen sind probate Mittel, über den „Körper“ den „Geist“, über die Selbstbeherrschung die gesellschaftliche Ordnung und über das Training die sozialen Normen „einzuleiben“.[9] In den letzten Jahren findet in der Pädagogik eine Wiederkehr der Übung statt. Intelligente Übungsaufgaben und Aufgabenformate sowie eine neue Reflexion auf die Übung als pädagogische Lernform soll die Bedeutung der Übung für Lernen und Unterricht erhöhen.[10]

Funktionsweise

In den Neurowissenschaften nimmt man an, die Fähigkeit des Gehirns, durch Wiederholung sich etwas zu merken, habe mit der Arbeitsweise der Nervenzellen und ihrer Schaltstellen, den Synapsen zu tun. Das Gehirn benötigt zur Wiedergabe einer einstudierten Bewegung oder eines Textes und anderer Lerninhalte eine den Lerninhalt repräsentierende Verschaltung. Durch die mehrmalige Benutzung des gleichen Schaltmusters bildet sich dieses erst aus. Die erfolgreichste Vorgehensweise zur Herstellung der richtigen Verschaltung ist das wiederholte, möglichst gleichförmige fehlerfreie Ausführen des geplanten Vorgangs: Die Übung.

Für weitere Informationen siehe den Artikel Übung in der deutschen Wikipedia.

Redewendungen

  • „Übung macht den Meister.“
  • „Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.“
  • „Früh übt sich, wer ein Meister werden will.“
  • „Sich in Geduld üben.“

Fotos einiger fernöstlicher Übungen

Geistige Übung (Auswahl)

Grundsätzliches

Was macht eine geistige Übung aus? Wann eine Übung eine schöpferische geistige Komponente erhält, die sie aus Automatismen und dem Streben nach Selbstbestätigung oder des gesundheitlichen Gewinns enthebt, entscheidet der Mensch. Es liegt nicht allein an der Übung, wann sie spirituell oder entwicklungsfreudig wird, sondern an dem Inhalt, den der Mensch der Übung beimisst. Auch eine „unspirituelle“ Übung kann zu einer geistigen Übung werden, wenn der Mensch sie mit einer geeigneten Vorstellung begleitet.

Eine Übung aus dem Taekwondo als Beispiel:

Ablauf des hohen Fußkicks von innen nach außen

Das Foto zeigt den Ablauf eines hohen Fußkicks von innen nach außen. In der Regel wird diese Bewegung im Kampfsport so lange geübt, bis sie automatisiert ist und intuitiv aus einem Willensimpuls ausgeführt werden kann.

Zu einer geistigen Übung im elementaren Sinne wird sie, wenn ihr der Kampfsportler eine bewusste Vorstellung zugrundelegt, die beispielsweise wie folgt gedacht werden kann: Das Bein soll leicht und wie schwerelos in die Höhe steigen, den Kreisbogen beginnend, dann erfolgt am höchsten Punkt eine größtmögliche Beschleunigung, so dass sich die Ferse blitzschnell nach unten bewegt und den Halbkreis schließt.

Die bewusste Vorstellung verleiht der Übung Eleganz, sie wird ästhetischer und erscheint freier im Ausdruck. Je weisheitsvoller die Inhalte sind, die der Mensch in jegliche Übung legt, desto harmonischer, ästhetischer und entwicklungsfreudiger wird das Ergebnis der Übung sein.

Yogaübung

Yogaübung Waage (Tuladandasana)
Aus dem Zentrum in der Körpermitte dehnt sich der Körper in beide Richtungen aus.

Im Yoga kann den Übungen beispielsweise ein Gedanke zu ihrer seelischen Bedeutung beigemessen werden. Am Beispiel der Yogaübung Waage könnte dieser Gedanke lauten:

„Bei der Zentrierung auf das maṇipūra-cakra, das dritte Zentrum, nimmt der Übende sich den Konzentrationspunkt in der Körpermitte vor und er erlebt sich in kraftvollem aktivem Ausgespanntsein aus diesem Punkte. Er fühlt die Gliedmaßen förmlich von aktiver Spannkraft durchströmt und gleichzeitig bemerkt er ein Zentrum in sich und eine Gliederung nach außen.“[11]

Legt man der Übung Waage diese Idee zugrunde und dehnt sich spannkräftig aus der Körpermitte in beide Richtungen – bis über die Fingerspitzen und die Fußsohlen hinausgehend –, beginnt der Körper, mehr und mehr der Idee zu folgen. Da die Idee weisheitsvoll ist, entsteht ein ästhetischer harmonischer Ausdruck.

Weitere Inhalte zu Yogaübungen finden Sie beispielsweise in den Artikeln zu den verschiedenen Asana in AnthroWiki.

Anthroposophie

Die Anthroposophie kennt eine Vielzahl von geistigen Übungen. Eine Zusammenstellung ausgewählter Übungen finden sie im Artikel Seelenübungen in AnthroWiki.

Gedankenkontrolle

Die folgende Übung heißt Gedankenkontrolle und erzieht das Denken des Menschen. Rudolf Steiner beschreibt sie mit immer wieder anderen Worten in verschiedenen Vorträgen und Büchern. Sie ist die erste Übung der sogenannten Nebenübungen und ebenfalls die erste Übung zur Entwicklung des Herzzentrums.

Das Denken übt, sich Richtung und Ziel selbst zu geben. Die Übung fördert innere Festigkeit und die Fähigkeit, konsequent bei dem vorgenommenen Gegenstand oder bei der Sache zu bleiben. Durch diese Übung lernt das Denken, „sein eigener Korrektor“ zu sein. Es erzieht sich selbst, nicht bunt umherzuschweifen oder zu „irrlichterieren“, wie Rudolf Steiner es nennt:

Detail zur Beobachtung eines Bleistifts:
Wie ist die Spitze geformt? Ist das zulaufende Holz feiner oder gröber?
„Des­halb sol­len ent­sp­re­chen­de «Denk­übun­gen» nicht an fern­lie­gen­den und kom­p­li­zier­ten Ge­gen­stän­den vor­ge­nom­men wer­den, son­dern an ein­fa­chen und na­he­lie­gen­den. Wer sich über­win­det, durch Mo­na­te hin­durch täg­lich we­nigs­tens fünf Mi­nu­ten sei­ne Ge­dan­ken an ei­nen all­täg­li­chen Ge­gen­stand (zum Bei­spiel ei­ne Steck­­na­del, ei­nen Blei­s­tift usw.) zu wen­den und wäh­rend die­ser Zeit al­le Ge­dan­ken aus­zu­sch­lie­ßen, wel­che nicht mit die­sem Ge­gen­stan­de zu­sam­men­hän­gen, der hat nach die­ser Rich­­tung hin viel ge­tan. (Man kann täg­lich ei­nen neu­en Ge­gen­­stand be­den­ken oder meh­re­re Ta­ge ei­nen fest­hal­ten.) Auch der­je­ni­ge, wel­cher sich als «Den­ker» durch wis­sen­schaft­li­che Schu­lung fühlt, soll­te es nicht ver­sch­mähen, sich in sol­cher Art für die Geis­tes­schu­lung «reif» zu ma­chen. Denn wenn man ei­ne Zeit­lang die Ge­dan­ken hef­tet an et­was, was ei­nem ganz be­kannt ist, so kann man si­cher sein, daß man sach­­ge­mäß denkt. Wer sich frägt: Wel­che Be­stand­tei­le set­zen ei­nen Blei­s­tift zu­sam­men? Wie wer­den die Ma­te­ria­li­en zu dem Blei­s­tift vor­ge­ar­bei­tet? Wie wer­den sie nach­her zu­­­sam­men­ge­fügt? Wann wur­den die Blei­s­tif­te er­fun­den? und so wei­ter, und so wei­ter: ein sol­cher paßt sei­ne Vor­s­tel­­lun­gen si­cher mehr der Wir­k­lich­keit an als der­je­ni­ge, der dar­über nach­denkt, wie die Ab­stam­mung des Men­schen ist oder was das Le­ben ist.“[12]

Rückverfolgung des Tages

Gleichsam wie wenn die Sandkörner rückwärts wieder in den oberen Behälter der Sanduhr zurückkehren, rekonstruiert der Mensch in der Tagesrückschau den letzten Eindruck des Tages bis zurück zum Aufstehen. Er steht den Ereignissen des Tages neutral gegenüber und bewertet sich nicht moralisch.

Entgegen dem äußeren Zeitverlauf beginnt die Tagesrückschau mit dem letzten Ereignis des Abends und rekonstruiert die Tagesereignisse zurück bis zum Aufstehen wie in einem rückwärtslaufenden Film. Dabei nimmt man zu sich selbst einen neutralen Standpunkt ein – wie der Betrachter eines Films im Kino. Dies erfordert gewissermaßen ein „Ausspuren“ des gewohnten Denkens, ein „Losreißen“ von demselben und fördert mit der Zeit eine bewusstere freie Aufmerksamkeit während des Alltags. Der Zeitpunkt der Übung ist naturgemäß kurz vor der Schlafengehen, die Dauer etwa 5–10 Minuten:

„Vorbereiten kann sich gut der Mensch zu einem solchen Losreißen, wenn er in der Lage ist, jeden Abend seine Tageserlebnisse rückwärts vorzustellen, dasjenige zuerst vorzustellen, was man zuletzt erlebt hat, dann rücklaufend, aber womöglich auch die Einzelheiten rücklaufend vorzustellen, so daß man, wenn man eine Treppe hinaufgestiegen ist, zuerst sich vorstellt oben auf der obersten Stufe, dann auf der vorletzten, dritten und so weiter rückwärts hinuntergehend sich vorstellt dasjenige, was man hinaufgehend vollbracht hat.
Sie werden sagen: Man erlebt so viel am Tage, das dauert lange. Nun, man mache zunächst episodisch wirklich das zunächst, daß man das Hinauf- und Hinuntergehen über eine Treppe umgekehrt vorstellt: Hinunter- und Hinaufgehen; dann bekommt man eine innere Beweglichkeit, so daß man nach und nach wirklich in drei, vier Minuten den ganzen Tagesverlauf des Lebens rückwärtsbewegend vorstellen kann.“[13]

Eine Übung der Rosenkreuzer

Rosenkreuz mit 7 roten Rosen

Die folgende Übung ist aus den Rosenkreuzerischen Regeln (Archiv Dr. Franz Hartmann) entnommen. Sie ist zwar formuliert im Stil einer Regel, es ist jedoch nicht schwer, für sich selbst eine Übung daraus zu formen. Die religionsübergreifende Dialogfähigkeit und die Erziehung sowohl des Gedankenlebens als auch der Sprachäußerung des Menschen werden gefördert:

„Erlauben Sie es sich nicht, in Diskussionen über den Glauben anderer mitzustreiten; es sei denn, um deren Qualität und Güte aufzuzeigen, sowie die möglichen positiven Auswirkungen gewisser Lehren; stets sollte man auch das Gute sehen, das in allen Religionen besteht. Die eigenen religiösen Überzeugungen sollten nicht als die allein seligmachenden betrachtet werden. Sollten es die Umstände ermöglichen, so ist es angebracht, über umstrittene Ideen schon auf eine positive Art zu sprechen und aufzuzeigen, wie diese helfen können. Aber man verursache niemals im Bewusstsein eines anderen den Gedanken, dass er sich aufgrund seines Glaubens im Irrtum befindet. Denn immer diejenige Religion ist die beste für das Individuum, die es ihm ermöglicht, Gott und seine geheimnisvollen Wege zu verstehen. […]
Seien Sie tolerant und sich immer der Tatsache bewusst, dass destruktive Kritik nichts als Sorgen schafft. Solange kein konstruktiver Beitrag geliefert werden kann – lasse man es und schweige.“[14]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Malte Brinkmann: Üben. In: J. Kade (Hrsg.): Pädagogisches Wissen: Erziehungswissenschaft in Grundbegriffen. Stuttgart 2011, S. 140–146.
  2. Almut-Barbara Renger; Alexandra Stellmacher (Hrsg.): Übungswissen in Religion und Philosophie. Produktion, Weitergabe, Wandel. Berlin 2018.
  3. Michael Erler: Glück aus Tugend durch Übung ohne Philosophie? Platons Übungsbegriff zwischen Sophistik und hellenistischer Philosophie. In: A.-B. Renger; A. Stellmacher (Hrsg.): Übungswissen in Religion und Philosophie. Produktion, Weitergabe, Wandel. Berlin 2018, S. 21–33, insbes. S. 27.
  4. Ignatius von Loyola: Geistliche Übungen. Übersetzt von P. Knauer. Würzburg
  5. Malte Brinkmann: Über-sich-selbst-siegen und Sein-Leben-ordnen. Pädagogische Anmerkungen zu Macht, Anthropologie und Didaktik in den Geistlichen Übungen von Ignatius von Loyola. In: C. Thompson, G. Weiß (Hrsg.): Bildende Widerstände - widerständige Bildung. Blickwechsel zwischen Pädagogik und Philosophie. Bielefeld 2008, S. 99–120.
  6. Vorlage:Literatur
  7. Klaus Prange: Bauformen des Unterrichts: Eine Didaktik für Lehrer. Bad Heilbrunn/Obb. 1986.
  8. W. Fritz Loser: Die Übung im Unterricht und ihr Beitrag zu einer pädagogischen Theorie des Lehrens und Lernens: Unterricht, Aufbau und Kritik. Herausgegeben von F. G. Maurer. Dohmen, München 1976.
  9. W. Rudolf Keck: Und immer wieder Drill. Übung als Lernform in der Didaktikgeschichte. In: Friedrich Jahresheft. 2000, S. 20–22.
  10. Herbert Gudjons: Intelligentes Üben: Methoden und Strategien. In: Log in. Jg. 26, H. 138/139, Berlin 2006, S. 14–19.
  11. Heinz Grill: Die Seelendimension des Yoga. 7. unveränderte Auflage. Stephan Wunderlich Verlag, Sigmaringen 2022, ISBN 978-3-948193-00-3, S. 315.
  12. Rudolf Steiner: Die Geheimwissenschaft im Umriß. GA 13 (1989), ISBN 3-7274-0130-3, S. 330. (Online)
  13. Rudolf Steiner: Initiations-Erkenntnis, GA 227 (2000), ISBN 3-7274-2271-8, S. 60. (Online)
  14. AMORC-Bücher (Hrsg.): Rosenkreuzerische Lebensregeln. Praktische Anleitung für bewußte Lebensgestaltung. Teil 3. Verlag AMORC-Bücher, Baden-Baden 1994, ISBN 978-3-925972-13-3.
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Siehe auch

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