Tirumalai Krishnamacharya
Tirumalai Krishnamacharya (* 18. November 1888 in Muchukundapura, Karnataka; † 28. Februar 1989 in Madras, Tamil Nadu)[1] war ein Indischer Yoga-Lehrer, Ayurveda-Heiler und Gelehrter.[2] Wie die früheren Pioniere Yogendra und Kuvalayananda trug er zur Wiederbelebung des Hatha-Yoga bei. Er wird häufig als „Vater des modernen Yoga“ bezeichnet,[3]ein Attribut, dem jedoch nicht alle zustimmen.[4]
Krishnamacharya hatte Abschlüsse in allen sechs vedischen Darśanas oder indischen Philosophien. Während er unter der Schirmherrschaft des Königs von Mysore, Krishna Raja Wadiyar IV., stand, reiste Krishnamacharya durch Indien und hielt Vorträge und Demonstrationen, um Yoga zu fördern, darunter auch Taten wie das Anhalten seines Herzschlags.[5] Er gilt weithin als der Architekt von Vinyāsa,[6] im Sinne der Kombination von Atmung und Bewegung. Der von ihm entwickelte Yogastil wird mittlerweile Viniyoga oder Vinyasa Krama Yoga genannt. Allen Lehren Krishnamacharyas lag der Grundsatz zugrunde: „Lehre, was für den Einzelnen angemessen ist.“[5] Während er in anderen Teilen der Welt als Yogi verehrt wird, ist Krishnamacharya in Indien vor allem als Heiler bekannt, der sich sowohl auf ayurvedische als auch auf yogische Traditionen stützte, um den Menschen, die er behandelte, Gesundheit und Wohlbefinden wiederherzustellen. Er schrieb vier Bücher über Yoga – Yoga Makaranda (1934), Yogaasanagalu (ca. 1941), Yoga Rahasya und Yogavalli (Kapitel 1–1988) – sowie mehrere Essays und poetische Kompositionen.
Leben und Wirken
Krishnamacharya wurde am 18. November 1888 in Muchukundapura im Bezirk Chitradurga im heutigen Karnataka in Südindien als Sohn einer orthodoxen Telugu-Iyengar-Familie geboren.[7] Seine Eltern waren Tirumalai Srinivasa Tatacharya, ein bekannter Lehrer der Veden, und Ranganayakiamma. Krishnamacharya war das älteste von sechs Kindern. Er hatte zwei Brüder und drei Schwestern. Im Alter von sechs Jahren empfing er das Bildungssakrament des Upanayana. Anschließend begann er unter der strengen Anleitung seines Vaters, Sanskrit aus Texten wie dem Amarakosha zu sprechen und zu schreiben und die Veden zu singen.[8]
Als Krishnamacharya zehn Jahre alt war, starb sein Vater. Im Alter von zwölf Jahren ging er nach Mysore, damals die größte Stadt in Karnataka, wo sein Urgroßvater, Srinivasa Brahmatantra Parakala Swami, das Oberhaupt der Parakala Matha war. Er setzte sein Studium unter der Anleitung seines Urgroßvaters und an der Mysore University fort.[5]
Er studierte an verschiedenen indischen Universitäten Sanskrit und Philosophie sowie die Praxis des Hatha-Yogas bei Sri Ramamohana Brahmachari, der in der Nähe des Sees Manasarovar in Tibet lebte.
Im Jahr 1926 war der Maharaja von Mysore, Krishna Raja Wadiyar IV (1884–1940), in Varanasi, um den 60. Geburtstag seiner Mutter zu feiern, und hörte von Krishnamacharyas Wissen und Fähigkeiten als Yogatherapeut. Der Maharaja traf Krishnamacharya und war vom Auftreten, der Autorität und der Gelehrsamkeit des jungen Mannes so beeindruckt, dass er Krishnamacharya damit beauftragte, ihn und seine Familie zu unterrichten. Ursprünglich unterrichtete Krishnamacharya Yoga im Mysore-Palast. Er wurde bald ein vertrauenswürdiger Berater des Maharadschas und erhielt die Anerkennung von Asthana Vidwan.[9]
1931 wurde Krishnamacharya eingeladen, am Sanskrit College in Mysore zu unterrichten. Der Maharadscha, der der Meinung war, dass Yoga ihm geholfen hatte, seine vielen Leiden zu heilen, bat Krishnamacharya, eine Yoga-Schule unter seiner Schirmherrschaft zu eröffnen und erhielt anschließend den Flügel eines nahegelegenen Palastes, des Jaganmohan-Palastes, um das Yogashala zu gründen, eine unabhängige Yoga-Institution, die am 11. August 1933 eröffnet wurde.[6]
Nach politischen Veränderungen im Jahr 1946, etwa zu der Zeit, als Indien die Unabhängigkeit erlangte, wurde eine neue Regierung gebildet und die Macht der Maharadschas wurde beschnitten. Die Finanzierung der Yoga-Schule wurde eingestellt und Krishnamacharya kämpfte darum, die Schule aufrechtzuerhalten. Im Alter von 60 Jahren (1948) war Krishnamacharya gezwungen, viel zu reisen, um Studenten zu finden und für seine Familie zu sorgen.[10]
Krishnamacharya zog für ein paar Jahre nach Bangalore und wurde dann 1952 von einem bekannten Anwalt eingeladen, nach Madras (heute Chennai) zu ziehen, der Krishnamacharya um Hilfe bei der Heilung eines Schlaganfalls bat. Mittlerweile war Krishnamacharya in den Sechzigern und sein Ruf als strenger und einschüchternder Lehrer hatte sich etwas gemildert. In Madras nahm Krishnamacharya eine Stelle als Dozent am Vivekananda College an. Er begann auch, Yoga-Studenten mit unterschiedlichem Hintergrund und unterschiedlicher körperlicher Verfassung zu gewinnen, was von ihm verlangte, seinen Unterricht an die Fähigkeiten jedes einzelnen Schülers anzupassen. Für den Rest seines Lehrlebens verfeinerte Krishnamacharya diesen individuellen Ansatz weiter, der als Viniyoga bekannt wurde.[6]
Krishnamacharya heiratete 1925 Srimathi T. Namagiriammal (1914–1985).[11] Er hatte mit ihr drei Töchter (Srimathi Pundarikavalli, Srimathi T. Alamelu Sheshadri, Srimathi Shubha Mohan Kumar) und drei Söhne (Sri T. K. Srinivasan, geb. 1931,[12] Sri T. K. V. Desikachar, Sri T. K. Sribhashyam).[13]
Unter Krishnamacharyas Schülern sind einige sehr renommierte Yogalehrer wie seine Söhne Sri T. K. V. Desikachar (1938–2016) und Sri T. K. Sribhashyam (1940–2017), zudem Indra Devi (1899–2002), sein Schwager Sri B. K. S. Iyengar (1918–2014), Sri K. Pattabhi Jois (1915–2009), und Sri A. G. Mohan (* 1945).
Kenntnisse in Ayurveda
Krishnamacharya war ein Arzt der ayurvedischen Medizin. Er „besaß ein enormes Wissen über Ernährung, Kräutermedizin, die Verwendung von Ölen und anderen Heilmitteln“. Krishnamacharyas Gewohnheit als Ayurveda-Praktizierender bestand darin, mit einer detaillierten Untersuchung zu beginnen, um den effizientesten Weg für einen Patienten zu ermitteln. Laut Krishnamacharya ging er davon aus, dass viele andere Systeme im Körper, sowohl geistig als auch körperlich, ebenfalls betroffen sein würden, obwohl die Quelle oder der Schwerpunkt einer Krankheit in einem bestimmten Bereich des Körpers liegt. Irgendwann während oder nach einer ersten Untersuchung fragte Krishnamacharya den Patienten, ob er bereit sei, seinen Anweisungen zu folgen. Diese Frage war für die Behandlung eines Patienten wichtig, da Krishnamacharya der Meinung war, dass die Chance auf Heilung gering sei, wenn die Person ihm nicht völlig vertrauen könne.[10]
Leistungen als Gelehrter
Krishnamacharya genoss hohes Ansehen als Gelehrter. Er erwarb Abschlüsse in Philosophie, Logik, Göttlichkeit, Philologie und Musik. Ihm wurde zweimal die Position eines Acharya im Srivaishnava Sampradaya angeboten, aber er lehnte ab, um gemäß den Wünschen seines Gurus bei seiner Familie zu bleiben.[6]
Er verfügte auch über umfassende Kenntnisse der orthodoxen hinduistischen Rituale. Seine Gelehrsamkeit in verschiedenen Darshanas der orthodoxen indischen Philosophie brachte ihm Titel wie Sāṃkhya-yoga-śikhāmaṇi, Mīmāṃsā-ratna, Mīmāṃsā-thīrtha, Nyāyācārya, Vedāntavāgīśa, Veda-kesari und Yogācārya ein.[14]
Seine Seele im Nachtodlichen
Heinz Grill beschreibt die Realität der Seele von Tirumalai Krishnamacharya im Nachtodlichen auf folgende Weise:
„Diese Begegnung, die nun auf eine Weise einmal aufgezeigt wird und die sogleich die schwierigste Anforderung für einen Dialog darstellt, soll gerade eine Empfindung wiedergeben, wie sie tatsächlich auf das Seelenleben wirkt. Es handelt sich um die Seele Tirumalai Krishnamacharya (1888–1989). Diese Persönlichkeit wurde tatsächlich 101 Jahre alt. Etwa gegen Ende seines Lebens, als doch dann so langsam einmal die Lebenskräfte im Aufbau etwas schwächer geworden waren, rutschte er einmal aus und brach sich die Hüfte. Er beanspruchte aber keine besondere ärztliche Hilfe und kurierte sich noch in diesem Alter selbst. […] Es lässt sich hier das Leben dieses wohlgelehrten und erfolgreichen wie auch beliebten Menschen, der viel an Königshöfen zum Unterricht eingeladen wurde, gar nicht ausreichend darstellen. […]
Außerordentlich interessant sind auch die Jahre, in denen er lebte, denn er lebte in einer Zeit, die im Westen gleichzeitig mit dem anthroposophischen Geistleben inspiriert war. Rudolf Steiner sprach über das indische Geistleben und er sprach in bestimmten Sätzen über den Yoga, beschrieb die Auswirkungen des Yoga und kam zu der Entscheidung, dass dieser Yoga tatsächlich vollkommen ungeeignet für die westliche Welt und allgemein für die ganze menschliche Entwicklung sei. Zu dieser Zeit war die alte Yogakultur bereits in die materielle Welt und in ihre Denkprinzipien eingetaucht.
Wie lässt sich nun diese große Diskrepanz, die zwischen einem Geistlehrer des Abendlandes und einer hoch anerkannten Persönlichkeit – und Krishnamacharya ist hoch anerkannt, er ist sogar Symbol der indischen Tradition und Kultur – verstehen? Die Entwicklung im Osten und Westen zeigt Unterschiede auf, aber sie kann wohl nicht so großartig verschieden sein, dass man völlig andere Prinzipien von Geisttechniken einsetzen müsste.
Sucht jemand nun die Wirkungssphäre auf, in der heute Tirumalai Krishnamacharya lebt, dann wird Erstaunliches plötzlich sichtbar. Die Seele offenbart jetzt in ihrer astralen Seelensphäre, dass es allerhöchste Zeit ist, mit Yoga im Sinne eines leibbezogenen Übungsschemas zu einem Ende zu kommen. Begegnet man auf freie Weise durch eine geistige Methode dieser Seele, so regt sie sich, fühlt sich wahrgenommen, sehnt sich nach Offenheit und erwidert wie wörtlich, soweit man das natürlich in ein Wort der gewöhnlichen Sprache übersetzt, denn wörtlich wird die Seele nicht sprechen, aber sie offenbart sich mit einem deutlichen Gefühl und meint etwa: „Sei nur nicht zu sparsam mit wirklicher Kritik, denn diese stellt meine eigene Befreiung dar.“
Was erlebt die Seele? Sie erlebt sich im Zentrum ihrer eigenen Wirkungssphäre und erlebt gerade dasjenige, was sie auch bei anderen Menschen damit erreichen, verändern, eventuell verwandeln konnte. Wie erlebt sie den eigenen Yoga, der durch die traditionellen Überlieferungen erlernt und treu unterrichtet wurde? Die Seele erlebt nun den Yoga als eine Art Eingrenzung in den eigenen Leib, der den eigentlichen, wirklichen Seelenstoff ausgeschlossen hatte. Sie erlebt den Yoga nicht als ein aus dem Körper Hinausgehen und eine wirkliche Verbindung, die auf erbauender und erweiterter Stufe zu den Mitmenschen erzielt worden ist, sondern sie erlebt ihn tatsächlich als eine besondere, einengende und bindende Form der Transformation, die tatsächlich nur im leiblich Inneren ohne die sensible Berührung mit der Außenwelt stattgefunden hat. Obwohl diese Person Außerordentliches im Leben geleistet hat, geht sie in eine bestimmte Sphäre, die namentlich die einsame Sonnensphäre ist, und bleibt in dieser so lange stehen, bis sie aus der irdischen Welt die Überwindung dieses Yogaprinzips, das sich durch die hervorragenden körperlichen Fähigkeiten von Krishnamacharya ausgedrückt hatte, empfängt. Sie erlebt nicht eine Freiheit, sondern eine Gebundenheit durch die eigene Wirkungssphäre des Körpers. Sie fühlt sich blockiert in der Sonnensphäre, weil sie tatsächlich durch dieses Grundprinzip des Yoga nicht ausreichend die leiblichen Grenzen überschreiten konnte. Dasjenige, was diese Seele ausdrücken möchte, ist nun ein Wunsch, den aber diese Seele selbst bei sich nicht wirksam machen kann, da ihr im Seelenreich nach dem Tode das Ausdrucksvermögen hierfür fehlt. Wie kann man es ausdrücken, wie sich die Seele empfindet? […]
Die Transformation, die der Yoga erstrebt, kann tatsächlich einer Verfehlung unterliegen, die durch die Leibbedingungen selbst entsteht. Man müsste sagen, dass der Mensch sich durch den ganzen Kosmos, durch die ganze Welt hindurch verwandeln wird und er das geistige Leben in zunehmendem Maße als eine neue und unbekannte Dimension in sich selbst aufnimmt. Eine richtige Transformation gelingt nur, wenn sich der Übende auf dem Yogaweg ganz im Ich gründen kann und sich in einer neuen Dimension, die außerhalb seiner selbst liegt, mit ganzem Bewusstsein erleben, reflektieren und erkennen kann. Nun tritt aber folgender Fall durch eine Versuchung ein, die besonders dem Yoga eigen ist: Der einzelne strebende Mensch geht in die Welt hinaus, lernt in dieser, aber er hält sich selbst durch die Yogatechnik und durch die gelernten Formen bei sich selbst zurück. Wenn man es bildhaft ausdrückt, könnte man sagen, dass man bei sich selbst eine Art Umwandlung durch die erlernten Methoden und Techniken entwickelt und deshalb sich nicht in dem Gesetze des Makrokosmos ausreichend gründet.
Vielleicht mögen manche diesen nun folgenden Vergleich als Phantasterei oder sogar als phantastische Lästerei auffassen. Die Wirklichkeit der verschiedenen Transformationen kann sich aber gerade auf diese Weise sehr wirklichkeitsnah erleben lassen. Wenn man die Haut als Beispiel nimmt, dann haben wir außen die Tastzellen, dann die Cutis und die Subcutis, die gewöhnliche Lederhaut und das Unterhautzellgewebe. Da es etwa dieser Sache sehr nahe liegt, könnte man sich hypothetisch vorstellen, dass man den Menschen in seiner Haut einmal umkehrt. Dann wäre das Unterhautzellgewebe außen, die Lederhaut bleibt in der Mitte und die Sinneszellen richten sich nach innen. Diese Sinneszellen, die nun nach innen gerichtet sind, geben für den Menschen tatsächlich ein Gefühl des starken kosmischen Wohlgefühls und das Unterhautzellgewebe, wenn es außen ist, gibt einen angenehmen, schönen Wärmesinn. Mit dieser Umkehrung, die natürlich nur hypothetisch hier vorstellbar ist, die aber dennoch von der Wirklichkeit nicht weit entfernt ist, kann man sich sehr leicht vergegenwärtigen, wie die Yogaerfahrung einer großen Verwechslung unterliegen kann. Die nach innen verlagerten Sinneszellen der Haut spenden verlockende Gefühle der Meditation und der kosmischen scheinbaren Wirklichkeit und die nach außen gelagerte warme Unterhautzellschicht spiegelt eine Art Liebe vor. Sie zeigt eine besondere warme und weiche Seite. Jene Verführung dieser Umkehrung ist ein häufiger Fehler, der sogar von großen Meistern des Yoga begangen wurde.[15]
Es stößt hoffentlich dieses Beispiel nicht auf jene Antipathie, die gerade sehr schnell entstehen kann, wenn man eine Erfahrung, die man im Geistigen entdeckt, nun mit dem Versuch einer konstruktiven Beschreibung und Kritik in die Welt führt. Gewissermaßen findet aber die Transformation des Yoga, wenn sie nicht ganz in die wirkliche Kontaktaufnahme mit den Schöpferprinzipien eintritt, in einer solchen Weise, wie das am Beispiel der Haut beschrieben ist, statt. Diese Transformation, die durch Tirumalai Krishnamacharya geschehen ist, bleibt deshalb – und das muss ganz besonders betont werden – vor dem Kosmos und dem Geiste stehen und schließt sich zurück in das Leibliche.
Nun will diese Seele mit besonderer Sehnsucht, dass diese Aufklärung im realen Dialog stattfindet und alles polemische Urteilen, einseitige Konkurrieren und Vergleichen und persönliche, subjektive Wahrheitsbewertungen außer Acht lässt. Die Seele will eine Befreiung aus dem blockierten Sonnendasein und will sich mit ihren wahren Verdiensten, die viel mehr in der menschlichen Aufopferung liegen, in die indische Kultur hineinfügen. Sie will nicht Symbol für die indische Kultur sein. Die Menschheit aber feiert Tirumalai Krishnamacharya als Symbol für Treue, Tradition und Yoga und sieht in ihm den Stammvater des heutigen Hatha-Yoga. […]
Die Folgen dieser Yogarichtungen, ganz besonders aber auch vieler anderer esoterischer Wege, die auf Erfahrungen beruhen, welche in ihrer Summe mehr ein mystisches Nach-innen-gerichtet-Sein erstreben, oder die eine aus dem Körper aufsteigende Energetisierung zum Ziele nehmen, geben nämlich für das gesamte Weltengleichgewicht eine Motivation oder eine Dynamik, die ihren wirklichen Sinn der Entwicklung verfehlen. Es ist nicht leicht, öffentlich auszusprechen, welche Dynamiken gerade solche Systeme des Yoga und viele andere gebundene Traditionen mit einseitigen Transformationsprozessen geben. Es ist erschaudernd, wie groß die Konsequenzen einer falsch angesetzten geistigen Disziplin sind. Der Kosmos blockiert sich gewissermaßen und es werden gerade jene Tonarten, die dem Moll entsprechen, die unendlichen Sehnsüchte im Inneren des Leibes, die nach Befreiung begehren, gestärkt. Abgeschlossene Inselbildungen von Äthereinschnürungen entwickeln sich im Leibe durch die Verleugnungen des Iches. Die wirkliche Befreiung der Dur-Tonart und der frei wirkenden Seelenkräfte kann durch die Verfolgung dieser Yogarichtungen niemals in die Geburt kommen. Da mit dem Yoga kosmische Bewegungen in Verbindung sind und diese zeitgemäß und richtig sein müssten, damit sich Menschen mit einem wirklichen transformierten Leibe entwickeln und auch mit diesem sterben können, wäre die Betrachtung in größerem Umfange und unter Einschluss des Totenreiches nötig. Solange aber die Richtungen nur ihre Traditionen weitertragen und sich die yogatechnischen Begriffe nicht zu den wahren Möglichkeiten erheben, sind sie von ihrer geistigen Art der Umsetzung jene wesentlichsten und wichtigsten Prädestinationsstellen für den Materialismus. So wie eine Kirche durch die Leugnung des Iches und der Reinkarnationslehre die größte Kraft für den Materialismus freisetzt, so ist es auch leider ein missverstandener Yoga oder eine rein traditionell gebliebene Übungsweise, die von kosmischer Warte aus nicht das geistige Leben, sondern das materielle stärkt. Jene Bemühung, die nicht in die geistigen Welten mit konkreten Inhalten vordringt, sondern die zurückgeht in einen Aspekt des einseitigen Standes der Selbstverwirklichung, führt im Nachtodlichen gerade jene Kräfte herbei, dass der Menschheit mehr der Stein zum Materialismus in die Welt gesetzt wird. Die Seele von Tirumalai Krishnamacharya wünscht sich deshalb nichts intensiver als eine offene Aussprache zu diesem doch sehr subjektiv und traditionell besetzten Thema des Yoga.“[16]
Werke (Auswahl)
- Yoga Makaranda, Madurai C.M.V. Press, 1934
- Yogaasangalu (ca. 1941)
- Yogavalli (1988), unpubliziert
- Yogasutras of Patanjali – Patanjala yogadarshanam, Übersetzung ins Englische (2005), ISBN 978-81-87847-35-9
- Nathamuni’s Yoga Rahasya (1998), Übersetzung ins Englische durch T. K. V. Desikachar (2004), ISBN 978-81-87847-18-2
- Mantra Mala: A Compilation of Mantra-S (2007), ISBN 978-81-87847-27-4
Siehe auch
die folgenden Artikel in AnthroWiki:
- Neuer Yogawille
- Prana
- Om – die Kapitel „Luftseelenprozess“ und „Lichtseelenprozess“
Literatur
Weblinks
- Literatur von und über Tirumalai Krishnamacharya im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Sri T.Krishnamacharya auf yogakshemam.net
- Foto von T. Krishnamacharya
Einzelnachweise
- ↑ Yoga Journal. S. 6. Vorlage:Google Buch
- ↑ Eckard Wolz-Gottwald: Yoga-Philosophie-Atlas. Erfahrung ursprünglicher Bewusstheit. Via Nova, Fuld 2006, ISBN 978-3-936486-04-9, S. 187–189.
- ↑ Vorlage:Cite web
- ↑ Reto Zbinden: Die Geschichte des modernen Körperyogas. In: yoga journal, Kategorie 4.
- ↑ 5,0 5,1 5,2 A. G. Mohan: Krishnamacharya. His Life and Teachings. Shambhala, Boston, 2010, ISBN 978-1-59030-800-4.
- ↑ 6,0 6,1 6,2 6,3 Fernando Ruiz: Krishnamacharya's Legacy. Yoga Journal (Mai/Juni 2001).
- ↑ Dirk R. Glogau: Lehr- und Wanderjahre eines Yogis. In: Deutsches Yoga-Forum, 04/2013, 02: 19 (PDF 0,4 MB)
- ↑ Krishnamacharya Yoga Mandiram. Archivlink abgerufen am 3. August 2024.
- ↑ B.K.S. Iyengar: Astadala Yogamala. India: allied Publishers, New Delhi, 2000, ISBN 978-8177640465.
- ↑ 10,0 10,1 T. K. V. Desikachar, Richard Clevens: Health, Healing & Beyond. Yoga and the living tradition of Krishnamacharya. Aperture, 1998, ISBN 0-89381-941-7.
- ↑ T. K. V. Desikachar, Richard H. Cravens: Health, Healing, and Beyond: Yoga and the Living Tradition of T. Krishnamacharya. Farrar, Straus and Giroux, New York City, 2011, S. 47 (Vorlage:Google Buch)
- ↑ T. K. V. Desikachar, Richard H. Cravens: Health, Healing, and Beyond: Yoga and the Living Tradition of T. Krishnamacharya. Farrar, Straus and Giroux, New York City, 2011, S. 94 (Vorlage:Google Buch)
- ↑ Paul Harvey, Centre for Yoga Studies: Śrī T Krishnamacharya – The Source (1888 to 1989), 8. Oktober 2008, abgerufen am 3. August 2024.
- ↑ Interview of the week: TKV Desikachar, Founder, Krishnamacharya Yoga Mandiram. Archivlink, abgerufen am 3. August 2024.
- ↑ Die sogenannte siddhi, die charismatische Fähigkeit, die sehr viel in Yogakreisen bekannt geworden ist, und die vor allem auch in Indien bis zum heutigen Tag ihre verschiedenen faszinierenden Ausdrücke annimmt, kann auf unterschiedliche Weise erworben werden. Das Herz beispielsweise zu einen gewissen Stillstand zu führen, ist in Yogakreisen nicht ganz unbekannt. Auch der fliegende Yogi ist nicht nur eine Phantasterei. Bedeutungsvoll zur Erkenntnisbildung jedoch ist es, ob eine siddhi auf ganzer Ich-Erkraftung oder auf einer Ich-Abgabe beruht. Wer beispielsweise das Ich nicht zur vollen Reife entwickelt, sondern es durch starke Devotion und gezielte Verleugnung, wie das auch in mystisch-christlichen Kreisen der Fall war, förmlich bekämpft, der erlebt bei geeigneter weiterer Konzentrationsentwicklung ein tiefes Eintauchen in seine Innenwelt, die ihn mit besonderer wohlbehaglicher Stimmung des Sich-Einsfühlens erfüllt. Der Astralleib in der Folge der Entwicklung wendet sich von der Außenwelt hinweg und beginnt seine Gesetzmäßigkeit nach innen zu verlagern. Deshalb sind die Wahrnehmungsvorgänge, die den Meissnerschen Tastzellen beispielsweise an der Haut entsprechen, tatsächlich wie umgekehrt in die innere leibliche Wirklichkeit hineingerichtet und gleichzeitig aber strömt das umkleidende Wärmegewand, das auch die Organe umhüllt und das man durchaus auch als schützendes Unterhautzellgewebe benennen kann, fälschlicherweise nach außen. Der Vergleich, wie die Haut umgekehrt wird, zeigt deshalb wie die eigentlichen Beziehungsrichtungen im Yoga im Sinne einer tieferen Kommunikationsbewegung tatsächlich in eine Entgleisung kommen. Der tiefer liegende Ätherleib beginnt mit dieser Umkehrung und dem Rückzug der oberen Kräfte von der Außenwelt nach innen eine Tendenz anzunehmen, die man als Akkumulierung von Energie bezeichnen kann. Jene Energie der Außenwelt wird nach innen in den Ätherleib akkumuliert und damit wird, ohne dass es der Mystiker oder Yogin merkt und unterscheiden kann, ein umgekehrtes Kräftewirken erzeugt, das im trefflichsten Sinne die Weltenschöpfung für einen scheinbaren Prozess der Selbstverwirklichung benützt. Diese Verwirklichung funktioniert durchaus sehr gut, solange nur die Oberfläche und die Wirkungssphäre im nahen Umkreis der Schüler und der bekannten Verhältnisse in die Betrachtung genommen wird. Bei intensiverer Auseinandersetzung wäre es aber wichtig, die Bewusstseinsformen eines ganzen Iches und eines intensiv nach außen gleitenden Astralleibes zu entwickeln, damit erst dann, wenn diese stark genug sind, den Ätherleib zu einer Aufbaufähigkeit bewegen können. Wenn diese Auseinandersetzung mit der Erkraftung des Iches und Ausdehnung des Astralleibes nach außen ausreichend zum Aufbau findet, beginnt der Ätherleib nicht mehr die Umgebung zu akkumulieren, sondern er beginnt mit Hilfe geistiger Substantialitäten mit den sogenannten deva oder den höheren Hierarchien im Sinne einer Ätheraufbaukraft auf integrative Weise die gesamte Umgebung zu bereichern. Die siddhi-Kräfte können schließlich in diesem integrativen Aufbau eine positive Ausdrucksgebung gewinnen. So gibt es siddhi, die auf einem reduzierten Ich und umgekehrt gepolten Astralleib entwickelt sind und es gibt aber auch siddhi, die auf ein reifes Ich und einen nach außen strömenden Astralleib zurückzuführen sind.
- ↑ Heinz Grill: Der Yoga und das Reich der Verstorbenen. Einige maßgebliche Inkarnationen des Yoga und ihr Weiterwirken nach dem Tode. 2. Auflage. Lammers-Koll-Verlag, 2017, Seite 6 ff, ISBN 978-3-941995-93-2.
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