Alpenaurikel

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Gebirgsschlüsselblume

Die Alpenaurikel, Aurikel (Primula auricula) oder Gebirgsschlüsselblume ist eine Pflanzenart, die zur Gattung der Primeln (Primula) und zur Familie der Primelgewächse (Primulaceae) gehört. Regional, zum Beispiel in Bayern, wird auch die Gartenprimel als Aurikel bezeichnet.

Beschreibung

Vegetative Merkmale

Die Aurikel wächst als immergrüne, ausdauernde krautige Pflanze, erreicht Wuchshöhen von 5 bis 25 Zentimetern und ist somit die größte alpine Primel-Art. Die Pflanzenteile der Aurikel sind wenig mehlig bestäubt.[1]

Illustration aus Atlas der Alpenflora

Die Laubblätter sind in einer grundständigen Rosette angeordnet. Die einfache Blattspreite[2] ist bei einer Länge von 2 bis 12 Zentimetern schmal verkehrt-eiförmig bis lanzettlich. Der Blattrand ist gekerbt oder ganzrandig. Die Oberfläche ist glänzend, trocken graugrün und wie der Rand spärlich mit kurzen, unter 0,2 Millimeter langen Drüsenhaaren bedeckt. Die wasserspeichernden Laubblätter besitzen manchmal einen deutlichen Knorpelrand, sind fleischig, relativ dick und besitzen eine Wachsschicht, die vor Sonneneinstrahlung schützt sowie die Verdunstung einschränkt.

Generative Merkmale

Vier bis zwölf Blüten stehen in einem doldigen Blütenstand zusammen. Die schwach bis stark duftenden, zwittrigen Blüten sind bei einem Durchmesser von 15 bis 25 Millimetern radiärsymmetrisch und fünfzählig mit doppelter Blütenhülle. Die fünf Kelchblätter sind glockenförmig verwachsen. Der Kelch ist knapp halb so lang wie die Kronröhre. Die fünf hellgelben Kronblätter sind zu einer Kronröhre verwachsen, die in fünf ausgebreiteten Kronzipfeln endet.[1]

Die Kapselfrüchte sind kugelig und enthalten braun-schwarze, bis 1,5 Millimeter lange Samen. Die Blütezeit reicht von April bis Juni, die Fruchtreife von September bis Oktober.[3]

Ökologie

Die Aurikel ist ein ausdauernder Hemikryptophyt und eine Rosettenpflanze mit kräftigem Rhizom. Vegetative Vermehrung erfolgt durch das Rhizom. Die immergrünen, saftreichen Blätter dienen im Winter als Stärkespeicher. Die Aurikel ist ein Tiefwurzler.[3]

Die Blüten sind homogame „Stieltellerblumen mit eingeschlossenen Staubbeuteln und Narben“. Bestäuber der wohlriechenden Blüten sind meist Hummeln, seltener Schmetterlinge. Langgriffelige Blüten, bei denen beim Abfallen der Blütenkrone Selbstbestäubung möglich sein soll, blühen vor den kurzgriffeligen.[3]

Die Früchte breiten die Samen als Windstreuer und Regenschwemmlinge aus, auch Menschenausbreitung als Gartenpflanze kommt vor. Die Samen sind Licht- und Kältekeimer.[3]

Vorkommen

Alpenaurikel im Tatra-Gebirge
Eine Gebirgsschlüsselblume am Schneeberg in Niederösterreich

Das Verbreitungsgebiet der Aurikel umfasst die westlichen Nördlichen Kalkalpen einschließlich Jura, Schwarzwald und einiger Relikt­standorte im bayerischen Alpenvorland nördlich bis zur Donauenge bei Weltenburg sowie das Tatra-Gebirge. Sie kommt im östlichen Frankreich, in der Schweiz, in Liechtenstein, im südlichen Deutschland, im westlichen Österreich (Vorarlberg, Tirol), im südwestlichen Polen und in der Slowakei vor.[1]

Die Aurikel ist von der Tallage bis in Höhenlagen von 2900 Metern (Rottalgrat bei der Jungfrau im Berner Oberland) anzutreffen.[4] Häufige Standorte dieser kalksteten Pflanze sind kalkhaltige Matten, Felsspalten, Schutt und auch Polsterseggenrasen.[5] Die Aurikel hat während der Eiszeiten Zuflucht in tieferen, geschützten Lagen gefunden.

Die Aurikel ist eine Charakterart des Verbands Potentillion caulescentis (Vegetation der Kalk-Fels-Spalten). Sie kommt aber auch in Pflanzengesellschaften des Verbands Cystopteridion (Gruppe der Farne), in Hochlagen auch in denen des Seslerion (Blaugräser) und in Tieflagen in denen des Molinion (Feuchtwiese) oder Erico-Pinion (Schneeheide-Kiefernwälder) vor.[6] In den Allgäuer Alpen steigt sie bis zu einer Höhenlage von 2250 Metern auf.[7]

Giftigkeit

Die Pflanzenteile sind giftig.

Pharmakologische Wirkungen: Primula auricula kann entzündliche Reaktionen der Haut hervorrufen. Die bei Berührung auftretenden Erscheinungen werden anscheinend durch ein Allergen bewirkt und nicht durch eine Substanz, die etwas mit dem bekannten Primelgift ostasiatischer Arten, wie z. B. Primula obconica zu tun hat. Im Gegensatz zur Dermatitis durch Giftprimeln fehlt hier der Juckreiz, auch tritt bei wiederholter Einwirkung keine stärkere, sondern eine bedeutend schwächere Reaktion auf.

Signatur und Sinnbild der Gebirgsschlüsselblume

„Wenn der Bergsteiger einen Weg entlanggeht und ihn plötzlich das goldgelbe Aurikel anblickt, so fühlt er wohl in seiner Seele immer eine geheime Stimmung von einer Wissenseinkehr.“ (Heinz Grill)
„Die Gebirgsschlüsselblume […] hat ein kräftigeres, ockernes Gelb als die gewöhnliche Schlüsselblume, die wir auf den Wiesen vorfinden. Die ganze Pflanze erscheint im Gebirge, manchmal in Felsspalten, mit satten, kräftigen Blättern und mit einem guten, geraden Stengel. Diese echte Schlüsselblume ist eine ganz wichtige Heilpflanze, die in ihrem Sinnbild die innere Stärke trägt. Diese Stärke zeigt sich auch in Aufrichtekraft. Wer diese innere Stärke besitzt, trägt in sich ein hohes Potential zur Abwehr von negativen Einflüssen und besitzt allgemein eine hohe Spannkraft in der Psyche wie auch im Körper. Diese Spannkraft verleiht die Fähigkeit zu guter Regeneration. Das echte Primula wirkt sehr stärkend auf die Nebennieren. Wenn der Bergsteiger einen Weg entlanggeht und ihn plötzlich das goldgelbe Aurikel anblickt, so fühlt er wohl in seiner Seele immer eine geheime Stimmung von einer Wissenseinkehr. Er fühlt sich selbst gekräftigt, da er um das Leben intuitiv Bescheid weiß. Man kann auch sagen, dass die Primula die Blume ist, die auf der einen Seite innere Stärke aufzeigt, und auf der anderen Seite auch das Sinnbild der Stärke unmittelbar beschreibt, indem sie dem Betrachter ihr Wesen signalisiert. Ihr Wesen ist die Offenbarung dessen, was das Gedächtnis des Wissens ist. Wir Menschen tragen in uns ein stilles Gedächtnis des Wissens. Dieses Gedächtnis des Wissens ist in Wirklichkeit die innere Stärke unserer Natur.“[8]

Hellsichtige Betrachtung allgemein zu den Pflanzen

Rudolf Steiner sieht einen Zusammenhang zwischen den Pflanzen und dem Erdorganismus. Geistig gesehen ist die Erde nicht nur reine Materie, sondern ein geistiges Wesen:

„Die Pflanzen sind für den Erden­organismus nichts anderes als eine Art Sinnesorgane, die jeden Frühling von neuem erwachen.“
„Was sind nun die Pflanzen in dem ganzen Gewebe des Seins? Wir könnten sagen: Wenn der Frühling herannaht, beginnt der Erdenorganismus zu denken und zu fühlen, weil die Sonne mit ihren Wesen seine Gedanken und Gefühle herauslockt. Die Pflanzen sind für den Erdenorganismus nichts anderes als eine Art Sinnesorgane, die jeden Frühling von neuem erwachen, damit der Erdenorganismus mit seinem Denken und Fühlen in dem Bereich der Sonnenwirksamkeit sein kann. Wie sich im Menschenorganismus das Licht das Auge schafft, um durch das Auge als «Licht» erscheinen zu können, so schafft sich der Sonnenorganismus am Erdenorganismus in jedem Frühling die ausgebreitete Pflanzendecke, um durch diese Pflanzendecke sich selber zu beschauen, zu fühlen, zu empfinden, zu denken. Nicht etwa sind die Pflanzen unmittelbar die Gedanken der Erde zu nennen, aber sie sind die Organe, durch welche die im Frühling aufwachende Organisation der Erde mit der Sonne zusammen ihre Gefühle und Gedanken entwickelt. Wie wir unsere Nerven vom Gehirn ausgehen sehen und Augen und Ohren mit den Nerven zusammen unser Empfindungs- und Vorstellungsleben entwickeln, so sieht der Geistesforscher in dem, was sich abspielt zwischen Erde und Sonne mit Hilfe der Pflanzen, das wunderbare Weben einer kosmischen Gedanken-, Gefühls- und Empfindungswelt. […]
Für die Geistesforschung ist die Erde ein geistiges Wesen, und die Gedanken und Gefühle erwachen in jedem Frühling und gehen den Sommer hindurch durch die Seele unserer ganzen Erde.“[9]

Literatur

  • Xaver Finkenzeller, Jürke Grau: Alpenblumen. Erkennen und bestimmen (= Steinbachs Naturführer). Mosaik, München 2002, ISBN 3-576-11482-3, S. 168.
  • Wolfgang Adler, Karl Oswald, Raimund Fischer: Exkursionsflora von Österreich. Hrsg.: Manfred A. Fischer. Eugen Ulmer, Stuttgart/Wien 1994, ISBN 3-8001-3461-6.
  • Lutz Roth, Max Daunderer, Kurt Kormann: Giftpflanzen – Pflanzengifte. Vorkommen, Wirkung, Therapie, allergische und phototoxische Reaktionen. Mit Sonderteil über Gifttiere. 6. überarbeitete Auflage, Sonderausgabe. Nikol, Hamburg 2012, ISBN 978-3-86820-009-6.

Weblinks

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Li-Bing Zhang, Joachim W. Kadereit: Classification of Primula sect. Auricula (Primulaceae) based on two molecular data sets (ITS, AFLPs), morphology and geographical distribution. In: Botanical Journal of the Linnean Society. Band 146, Nr. 1, 2004, S. 1–26.
  2. Zur Blattspreite siehe dieses Foto in o.quizlet.com. Abgerufen am 22. August 2024.
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Porträt. 7. korrigierte und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1, S. 619–620.
  4. Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 1. Auflage. Unveränderter Textnachdruck Band V, Teil 3. Verlag Carl Hanser, München 1966, S. 1760–1764.
  5. Siehe Polsterseggenrasen in infoflora.ch. Abgerufen am 22. August 2024.
  6. Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8. stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 737.
  7. Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 2, IHW, Eching 2004, ISBN 3-930167-61-1, S. 317.
  8. Heinz Grill: Der Archai und der Weg in die Berge. Eine spirituell-praktische Anleitung in der Ergründung der Wesensnatur des Berges. 2. Auflage. Verlag für Schriften von Heinz Grill, Soyen 2002, ISBN 978-3-935925-65-5, S. 90–91.
  9. Rudolf Steiner: Antworten der Geisteswissenschaft auf die großen Fragen des Daseins. GA 60. 2. Auflage. Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1983, ISBN 3-7274-0600-3, S. 171 f. (Online)
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