Ushtrasana

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Ushtrasana (Kamel)

Ushtrasana oder Ustrasana (Sanskrit उष्ट्रासन, IAST uṣṭrāsana), deutsch Kamel, ist eine Übung des Yoga. Sie gehört in die Kategorie der Umkehrhaltungen. Der Sanskritname uṣṭrāsana bildet sich aus den Wörtern uṣṭrā „Kamel“[1] und āsana „Sitz“[2] oder allgemeiner übersetzt „Körperhaltung“.

Vorbemerkung

In der Hathapradipika, der ältesten Schrift des Hatha Yoga (verfasst im 14. Jhd.), ist Ushtrasana nicht aufgeführt. Eine Erwähnung findet die Stellung hingegen im Vers II, 41 der Gherandasamhita, die wahrscheinlich im 17. Jhd. verfasst wurde. Diese älteste Beschreibung ist jedoch von der heutigen Praxis grundverschieden:

„Legen Sie sich mit dem Gesicht nach unten auf den Boden, winkeln Sie die Beine nach oben und führen Sie sie in Richtung des Rückens, greifen Sie die Beine mit den Händen und ziehen Sie den Mund und den Unterleib kräftig zusammen. Dies wird die Kamelhaltung genannt.“[3]

Körperliche Ausführung

Ushtrasana auf einer indischen Briefmarke.
Die Stabilität in der Mitte der Wirbelsäule ist gut sichtbar.

B. K. S. Iyengar beginnt die Stellung im Kniestand, wobei Oberschenkel und Füße sich berühren. „Lege die Handflächen auf die Hüfte. Strecke die Oberschenkel, biege die Wirbelsäule nach hinten und dehne die Rippen.“ Dann werden die Handflächen, wenn möglich, mit Druck auf die Fersen gelegt, die Gesäßmuskulatur angespannt und die Wirbelsäule von der Mitte des Rückens aus bis zum Steißbein gestreckt. Der Kopf wird nach hinten „geworfen“, der Nacken muss nach hinten ausgestreckt bleiben.[4]

Erling Petersen, dänischer Autor und Schüler des indischen Yogi Swami Narayanananda gibt ebenfalls den Hinweis, dass in der Endphase die Oberschenkel senkrecht sein sollen, „der Bauch wird durch die Anspannung der Gesäß- und Beckenbodenmuskeln nach vorn gedrückt.“[5]

In der Tradition des Yoga von Swami Sivananda wird das Kamel als eine Variation der Asana Rad (Chakrasana) geführt. Die Hände sollen die Knöchel erfassen. Swami Vishnudevananda erwähnt die Hüften, die bewusst gehoben werden sollen.[6] Auch in dieser Tradition sollen die Beine nach Möglichkeit geschlossen sein, wie das Sivananda Yoga Vedanta Zentrum beschreibt.[7]

André van Lysebeth empfiehlt, sich im Brustbereich des Rückens zu beugen und Beugungen im Lendenbereich auf jeden Fall zu vermeiden.[8]

Selvarajan Yesudian lehrt die Stellung auf andere Weise: „Setze dich auf die Fersen, die Füße zusammen. Die Fußgelenke mit beiden Händen haltend, hebe Kreuz und Becken so hoch als möglich.“[9]

Heinz Grill, Begründer der Neuen Yogaempfindung und der freien Atemschule, unterrichtet, im Kniestand mit leicht geöffneten Knien die aktive Streckung und Wölbung der Wirbelsäule durch Armbewegungen zu unterstützen. Die Arme führen jeweils weit ausholende Bewegungen aus, die kreisförmig von vorne nach hinten die Weite der Ausdehnung der Wirbelsäule motivieren. Der Blick begleitet die Hände, bis sie die jeweilige Ferse erreichen. Er lässt die Stellung dann bei freiem Atem halten.[10]

Das Kamel ist Teil der zweiten Serie im Ashtanga Yoga. Dort wird die Übung mit der Atmung verknüpft, wobei im Kniestand die Ausatmung beginnt und die Rückwärtsbeugung mit der Einatmung verknüpft ist. Beim Ausatmen werden die Fersen gefasst und dann wird die Kamelstellung 5 Atemzüge lang gehalten.[11]

Demonstration mit der Idee: Zentrierung – Leichtigkeit


Das Kamel und das Rad – Zentrum und Peripherie

Führung der Aufmerksamkeit in der Übung

Nach Swami Kriyananda, einem direkten Schüler von Paramahansa Yogananda, kann in der Endstellung die Aufmerksamkeit auf die folgende Affirmation gerichtet werden: „Mit ruhigem Vertrauen öffne ich mich Deinem Licht.“[12]

Seelische Bedeutung der Übung

Die seelische Bedeutung der Asana Kamel beschreibt Heinz Grill folgendermaßen:

„Dieses gewagte Offensein, das in der Kamelhaltung empfunden wird, erfordert eine stabile und in allen Teilen bewegliche Wirbelsäule, die mit ihrem inneliegenden Nervensystem die Koordinationskraft besitzt, eine Weite nach außen und eine Ruhe nach innen zu kombinieren. So beschreibt diese Kamelstellung eine erste Form der bewussten Hingabe, denn Hingabe ist durch die Fähigkeit der entwickelten Stabilität und durch den Wagemut, von sich selbst und dem Körper einen gewissen Schritt loszukommen, gekennzeichnet. Die Übung ist ein Sinnbild für kṣamā oder für die Fähigkeit, das Bewusstsein als Instrument des Wahrnehmens selbst ertragen zu können.
Die Wirbelsäule in ihrer fähigen Ausdehnungstendenz und dynamischen Geschmeidigkeit ist repräsentativ für die Entfaltungsprozesse der Persönlichkeit und für die bewusste, willentliche Nutzung der tatsächlichen menschlichen Möglichkeiten. Der Übende jedoch muss zunächst erst einmal sein Denken und auch sein Fühlen wie auch sein Handeln auf seelenvolle Weise durchdringen und erbauen, damit er in einen geordneten Innen- wie auch in einen weit geöffneten Außenbezug kommt. Das Kamel beschreibt diese Fähigkeit des Bewusstseins selbst, die darin besteht, dass der Übende sich nicht nur ungeschützt hingibt, sondern sich in Gedanken und Gefühlen schult und er somit auch die Wirbelsäule erbaut, die er in eine weite Bogengestaltung hochführt.“[10]

Gesundheitliche Aspekte

B. K. S. Iyengar berichtet, dass Menschen mit abfallenden Schultern und rundem Rücken Nutzen aus der Übung ziehen werden, da die ganze Wirbelsäule nach hinten ausgestreckt und gekräftigt wird.[4]

Wie bei bei der Yogaübung Dhanurasana (Bogen) öffnet das Kamel nach Aussage des Bikram-Yoga „einen engen Brustkorb und gibt der Lunge mehr Raum.“[13]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Suchergebnisse für „uSTra“. In: learnsanskrit.cc. Abgerufen am 26. November 2024 (englisch).
  2. Suchergebnisse für „Asana“. In: learnsanskrit.cc. Abgerufen am 26. November 2024 (englisch).
  3. Gheranda Samhita, Sanskrit-English. Sri Satguru Publications, SSP Edition, Delhi 1979, S. 19.
  4. 4,0 4,1 B. K. S. Iyengar: Licht auf Yoga. 7. Auflage. Nikol Verlag, Hamburg 2017, ISBN 978-3-86820-175-8, S. 77 f.
  5. Erling Petersen: Das Yoga Übungsbuch. 4. Auflage. Heyne Ratgeber 08/9299, 1995, ISBN 3-453-04104-6, S. 235.
  6. Swami Vishnudevananda: Das große illustrierte Yoga-Buch. 6. Auflage. Aurum Verlag, Braunschweig 1997, ISBN 3-591-08183-3, S. 161.
  7. Sivananda Yoga Zentrum (Hrsg.): Yoga für alle Lebensstufen. 11. Auflage. Gräfe und Unzer Verlag, München 1997, ISBN 3-7742-6200-4, S. 130.
  8. André und Denise van Lysebeth: Meine tägliche Yogastunde. Hippokrates, Stuttgart 1981, ISBN 978-3777305387.
  9. Selvarajan Yesudian: Hatha-Yoga Übungsbuch. 3. Auflage. Drei Eichen Verlag, München – Engelberg/Schweiz, ISBN 3-7699-0363-3, S. 153.
  10. 10,0 10,1 Heinz Grill: Die Seelendimension des Yoga. 7. unveränderte Auflage. Stephan Wunderlich Verlag, Sigmaringen 2022, ISBN 978-3-948193-00-3, S. 170 ff.
  11. Nadi Shodhana (Sodhana): die zweite Serie des Ashtanga Yoga. In: de.ashtangayoga.info. Abgerufen am 26. November 2024.
  12. Jayadev Jaerschky: Yoga des Yogananda, Klassische Texte und Übungen für heute. 1. Auflage. Verlag Via Nova, Petersberg 2019, ISBN 978-3-86616-442-0, S. 217.
  13. Bikram Choudhury & Bonnie Jones Reynolds: Bikram Yoga, Das Praxisbuch. 1. Auflage. Lotos Verlag, TB, ISBN 3-7787-8179-0, S. 168.
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