Gemeine Wegwarte


Die Gemeine Wegwarte oder Gewöhnliche Wegwarte (Cichorium intybus), auch Zichorie (von lateinisch cichorea), kurz auch Wegwarte (seltener Wegwart) genannt, ist eine Pflanzenart aus der Familie der Korbblütler (Asteraceae). Sie wächst in Mitteleuropa häufig an Wegrändern. Kulturformen sind Chicorée, Zuckerhut (Fleischkraut), Radicchio, Schnittzichorie und die Wurzelzichorie.
Namensgebung
Cichorium (lateinisch früher auch cichorea und cicorea, auch cicoria, sowie sponsa solis[1][2] ist die lateinische Version des griechischen Namens κιχώριον für Zichorie und Wegwarte sowie Endivie. Das altgriechische Wort ist vermutlich ein Fremdwort aus dem Ägyptischen, da die Wegwarte und die Endivie nach Plinius[3] zuerst in Ägypten als Heil- und Salatpflanzen kultiviert wurden. Das Artepitheton (zweiter Teil des wissenschaftlichen Artnamens) geht auf das lateinische Wort intubus (griechisch έντυβον; in alten Texten unter anderem auch lateinisch intyba/intuba)[4] für Zichorie, Endivie zurück, das mit dem ägyptischen Wort tybi für Januar verwandt ist, da die Laubblätter der Endivie besonders als Wintersalat gegessen wurden.[5]
Beschreibung
Vegetative Merkmale
Die Gewöhnliche Wegwarte ist eine ausdauernde, krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 30 bis 140, selten bis zu 200 Zentimetern erreicht. Sie führt weißen Milchsaft.[6] Die Art besitzt eine tiefreichende Pfahlwurzel. Die Stängel stehen steif aufrecht, sind derb, kantig und besonders im oberen Teil sparrig-ästig.[7]
Die Grundblätter und die unteren Stängelblätter sind schrotsägeförmig fiederschnittig, sie sind gestielt und ihre Unterseite ist borstig behaart. Die Grundblätter sind 8 bis 25 cm lang und 1 bis 7 cm breit. Die oberen Stängelblätter haben eine länglich-lanzettliche Form, sind fiederspaltig bis ungeteilt und sind ohne Blattstiel sitzend mit geöhrtem oder herzförmigem Blattgrund.[7]
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Blütenkörbchen
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Blattrosette
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Untere Laubblätter
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Oberes Stängelblatt
Generative Merkmale
Die Blütenkörbchen bestehen nur aus Zungenblüten. Sie haben einen Durchmesser von 3 bis 5 cm, die seitlichen stehen meist zu zweit bis fünft. Sie sind kurz gestielt oder sitzend.[7] Die Köpfchenhülle ist zweireihig. Die inneren Hüllblätter sind länglich-lanzettlich und die äußeren, eiförmigen Hüllblätter sind halb so lang wie die inneren sowie im Gegensatz zu diesen deutlich abstehend. Die Hüllblätter sind borstig bewimpert und häufig drüsig behaart.[7] Die Zungenblüten sind himmelblau, selten auch weiß[8] gefärbt; Blütezeit ist von Juni bis Oktober. Die auffälligen Blütenstände werden jeweils nur für einen Tag geöffnet und sind meist schon am frühen Nachmittag wieder geschlossen. Während in älteren Veröffentlichungen davon gesprochen wird, dass die Blüten nur am Vormittag geöffnet wären,[7][9] beträgt die tatsächliche Blütenöffnungszeit zwischen 4 und 7,5 Stunden und hängt von Temperatur, Tageslänge sowie Anzahl der Blütenbesucher ab. Im Herbst können geöffnete Blüten auch noch am späteren Nachmittag gefunden werden.[10] Sind die Blüten geschlossen, hebt sich die Pflanze kaum noch gegen ihre Umgebung ab. Die Blütenkronröhre ist 3 Millimeter lang, die Zunge der Randblüten bis 14 Millimeter lang.[7] Die Achäne sind 2 bis 3 mm lang, eilänglich, eher kantig und haben keinen deutlich ausgeprägten Pappus; dieser besteht nur aus kurzen, eher unscheinbaren Schüppchen.[7]
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 18[11] bzw. 18 oder 36 für Cichorium intybus. subsp. sativum.[9]
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Blütenkörbchen im Detail
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Fruchtköpfchen mit Achänen
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Pollenkorn (400×)
Ökologie

Cichorium intybus wächst als Hemikryptophyt.
Die Gewöhnliche Wegwarte gilt als eine Pionierpflanze und ist ein Tiefwurzler. Die Bestäubung erfolgt durch Insekten, vor allem durch Bienen, z. B. die Hosenbienen und durch Schwebfliegen.
An tierischen Schädlingen wurden beobachtet: Anaspis frontalis, Mordelia aculeata, Cassida sanguinolenta, Aphis cichorii und Arten der Gattungen Cucullia und Agrotis.[7] Beobachtungen von Pilz-Schmarotzern liegen vor von Erysibe cichoriacearum, Sphaerotheca humuli, Puccinia cichorii und Arten der Gattungen Diaporthe, Leptosphaeria, Mycosphaerella, Phialea, Pleospora und Pyrenophora.[7]
Verbreitung und Standorte
Die Gewöhnliche Wegwarte kommt ursprünglich von Europa (mit Ausnahme von Großbritannien, Irland und Island) bis Zentralasien und dem westlichen Himalaya, sowie in Nordafrika in Marokko, Algerien, Tunesien und Ägypten vor.[12] In Großbritannien und Irland, in einzelnen Ländern Afrikas, in Ostasien, weiten Teilen Amerikas[11] und in Australien ist sie ein Neophyt.[12]

In Mitteleuropa wächst sie auf Weiden, auf Ruderalstellen und Äckern. Entlang von Wegen und Straßen siedelt sie charakteristisch in Wegrand- und Trittpflanzengesellschaften.[13] Sie kommt vor allem vor in Pflanzengesellschaften des Verbands Agropyro-Rumicion, aber auch der Verbände Polygonion avicularis, Convolvulo-Agropyrion oder Dauco-Melilotion.[9]
Sie kommt vorwiegend auf frischen bis eher trockenen, nährstoffreichen Böden vor und erträgt auch einen gewissen Salzgehalt. Die Vertikalverbreitung reicht bis in die montane Höhenstufe auf 1500 Meter. In den Allgäuer Alpen steigt sie im Vorarlberger Teil an der Auenhütte im Schwarzwassertal bis zu einer Höhenlage von 1280 Metern auf.[14] In Tirol kommt sie bis in eine Höhenlage von 1450 Meter, in Arosa bis 1780 Meter vor.[7]
Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 2+w (frisch aber mäßig wechselnd), Lichtzahl L = 4 (hell), Reaktionszahl R = 4 (neutral bis basisch), Temperaturzahl T = 4 (kollin), Nährstoffzahl N = 3 (mäßig nährstoffarm bis mäßig nährstoffreich), Kontinentalitätszahl K = 3 (subozeanisch bis subkontinental).[15]
Die ökologischen Zeigerwerte nach Ellenberg sind: Lichtzahl L: 9 = Vollichtpflanze, Temperaturzahl T: 6 = Mäßigwärme- bis Wärmezeiger, Kontinentalitätszahl K: 5 = subozeanisch bis subkontinental, Feuchtezahl F: 4 = Trocknis- bis Frischezeiger, Reaktionszahl R: 8 = Schwachbasen- bis Basenzeiger, Stickstoffzahl N: 5 = mäßig stickstoffreiche Standorte anzeigend, Salzzahl S: 0 = nicht salzertragend.[16]
Inhaltsstoffe
Als Bitterstoffe enthält die Gemeine Wegwarte in erster Linie die beiden Sesquiterpenlactone vom Guaianolid-Typ Lactucin und Lactucopikrin. Weitere Inhaltsstoffe sind weitere Sesquiterpenlactone und deren Glykoside, Cichoriensäure, die Hydroxycumarine Umbelliferon (7-Hydroxycumarin), Aesculetin (6,7-Dihydroxycumarin) und sein Glucosid Aesculin, Scopoletin (7-Hydroxy-6-methoxycumarin), sowie Cichoriin. Als Reservekohlenhydrat speichert die Gewöhnliche Wegwarte in den Wurzeln Inulin.[17]
Nutzung
Nutzung als Heilpflanze
Die Gemeine Wegwarte wird spätestens seit dem Mittelalter zur Arzneimittelherstellung genutzt. Sie ist möglicherweise unter dem Namen solsequium eine der Pflanzen aus der Landgüterverordnung Karls des Großen (der Name ist nicht eindeutig und wurde auch für Ringelblume, Löwenzahn und Johanniskraut verwendet).

Paracelsus empfiehlt sie bereits als schweißtreibend, Kneipp bei Magen-, Darm- und Lebererkrankungen. In der Pflanzenheilkunde wird sie zur Stimulierung und zur Heilung von Milz, Leber und Galle eingesetzt, wird aber auch zur allgemeinen Reinigung bei Hautkrankheiten und Ekzemen angewendet.[18]
Volkstümliche Anwendungen umfassen Appetitanregung (ganze Pflanze), Stimulierung der Sekretion von Verdauungssäften und abführende Wirkungen. Zur arzneilichen Behandlung von Appetitlosigkeit und dyspeptischen Beschwerden hat die Wegwarte in Deutschland eine positive Bewertung.[19] Bei der Appetit- und Verdauungsanregung dürften die bitteren Guajanolide wirksam sein. Bei anderen Anwendungsgebieten ist die Wirksamkeit wenig belegt.[20] Eine Studie will jedoch die aus traditioneller Anwendung bekannten sedativen, psychorelaxierenden und streßeffekt-reduzierenden Wirkungen von Cichorium intybus ssp. silvestre bestätigt haben.[21] Die Gemeine Wegwarte wurde vom Verein NHV Theophrastus zur Heilpflanze des Jahres 2020 gekürt.[22]
Die Firma Weleda bietet das Heilmittel Cichorium Stanno cultum an. Es kann beispielsweise bei chronisch-depressiven Störungen zur Unterstützung des Heilsverlaufes eingenommen werden. Die zugelassenen Anwendungsgebiete sind: „Harmonisierung der Funktionseinheit von Leber und Galle; Anregung der peptischen Abbau- und nachfolgenden Aufbauprozesse, z.B. Verdauungsschwäche mit Neigung zu Blähungen und Verstopfung; chronische Bronchitis; manische Verstimmungen, auch leichterer Art; Einleitung und Verstärkung einer Zinnbehandlung.“[23]
Edward Bach nahm die Wegwarte, englisch „Chicory“, in seine Bach-Blütentherapie auf. Sie ist nach ihm die „Blüte der Besitzergreifung“ und ist empfohlen für jene Menschen, die sich überall einmischen und nur in Erwartung von Gegenleistungen lieben.[24]
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Nutzung als essbare Wildpflanze
Die Laubblätter, Stängel, Blüten und unterirdischen Pflanzenteile der Gemeinen Wegwarte sind essbar. Die Laubblätter eignen sich von April bis zur Blütezeit zur Zubereitung von Salaten, Spinat, Gemüsegerichten, Suppen und Saucen. Da die Laubblätter mit der Zeit immer bitterer werden, eignen sie sich für Salate insbesondere am Anfang der Vegetationsperiode. Die unterirdischen Pflanzenteile kann man von September bis zum Frühjahr ernten. Getrocknet, geröstet und gemahlen kann man sie zur Zubereitung von Zichorienkaffee nutzen. Man kann sie zur Zubereitung von Koch-, Back- und Pfannengemüse verwenden; hierfür schält man sie, schneidet sie klein und wässert sie vor der Zubereitung 2 Stunden.[25]
Aus Kampanien und Kalabrien stammt die traditionelle Verwendung der Wildform als Salat oder Gemüse. Sie wird hier cicoria selvatica („Wildzichorie“) oder cicoria verde („Grüne Zichorie“) genannt.
Nutzung von Kulturformen
Kulturformen der Gemeinen Wegwarte sind Chicorée, Radicchio, Zuckerhut, Schnittzichorie, Puntarelle und die Wurzelzichorie.
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Handelsüblicher Chicorée
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Chicorée mit Wurzeln
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Halbierter Radicchio
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Zuckerhut
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Schnittzichorie
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Puntarelle
Chicorée
Wie der Name bereits sagt, findet der Chicorée oder die Salatzichorie als Lebensmittel in der Küche Verwendung, ist als solches allerdings eine „Erfindung“ erst des 19. Jahrhunderts. Nach einer Überlieferung zog der Chefgartenbauer am Botanischen Garten in Brüssel, Bresier, 1846 die ersten Chicoréesprossen. Die Wurzeln ließ er zwar noch im Freiland wachsen, zum Sprossen verhüllte er sie jedoch lichtdicht, so dass sie möglichst wenig Bitterstoffe entwickelten. Nach einer anderen Version soll diese Art des Treibens auf eine zufällige Beobachtung zurückgehen: Als belgische Bauern 1870 ihre Zichorienwurzeln infolge ungewöhnlich hoher Ernte im Gewächshaus einschlugen, entdeckten sie während des Winters die kräftigen Knospen.
Für den Salat werden nur die Sprösslinge genutzt. Die rübenartigen Wurzeln werden daher im November eingegraben und abgedeckt, während des Winters treiben dann aus den Achseln der vorher eingekürzten Blätter und aus den Terminalknospen 15 bis 20 cm lange und bis 5 cm dicke spindelförmige feste Knospen aus. Durch den Lichtschutz sind sie bleich und zart. Sie werden als Salat oder Gemüse zubereitet.
Schnittzichorie
Bei Schnittzichorie oder Blattzichorie handelt es sich um eine Sortengruppe der Zichorie. Die in Italien als Catalogna bekannte Varietät wird in Deutschland wegen der Ähnlichkeit der Blätter meist als Löwenzahn verkauft.
Wurzelzichorie
Die Wurzelzichorie wurde geröstet zunächst dem Bohnenkaffee zugesetzt, um diesem mehr Farbe und Bitterkeit zu verleihen. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts wurde sie auch allein als Kaffeegetränk („Ersatzkaffee“) verwendet. Als Erfinder des Zichorienkaffees (Muckefuck) gelten der kurhannoversche Offizier Christian von Heine aus Holzminden und der Braunschweiger Gastwirt Christian Gottlieb Förster († um 1801), die um 1769/70 Konzessionen für den Betrieb von Zichorienfabriken in Braunschweig und Berlin erhielten.[26][27] Gefördert wurde der Anbau etwa durch Friedrich den Großen.
Mitte des 19. Jahrhunderts wurde Wurzelzichorie weit verbreitet angebaut, heute spielt sie jedoch im Zusammenhang mit ihrer ursprünglichen Nutzung als Kaffeegetränk keine große wirtschaftliche Rolle mehr;[28] das bekannteste Handelsprodukt mit einem Anteil an Wurzelzichorie unter seinen Inhaltsstoffen ist Caro-Kaffee. Gleichwohl erlebt ihr Anbau gegenwärtig eine Renaissance, da aus Wurzelzichorie der von der Lebensmittelindustrie vermehrt für sogenanntes Functional Food eingesetzte, präbiotische Ballaststoff Inulin gewonnen wird.
Mythen, Sagen, Lyrik
Vor allem aus dem ausgehenden Mittelalter sind viele Mythen bekannt, die der Wegwarte unglaubliche Zauberkräfte, vor allem im Liebeszauber, zuschreiben. Sie soll den Träger der (nach einem bestimmten Ritus ausgegrabenen) Pflanze im Kampf unbesiegbar und allgemein unverwundbar machen. Andere Mythen lauten dahingehend, dass eine Wegwarte unter dem Kopfkissen der Jungfrau im Traum den zukünftigen Ehemann erscheinen lässt. Wird die Pflanze am Peterstag mit einem Hirschgeweih ausgegraben, dann kann man einem anderen Aberglauben zufolge jede Person betören, die man damit berührt.[29]
Eine Quelle[30] führt eine alte Sage an, nach der die Blüten der Wegwarte die blauen Augen eines verwandelten Burgfräuleins seien, das am Wege vergeblich auf die Rückkehr ihres Geliebten vom Kreuzzug in das Heilige Land wartet. Man mag hierin Motive des Romans Heinrich von Ofterdingen des romantischen Dichters Novalis wiedererkennen:

Porträt von Franz Gareis
- „Die Eltern lagen schon und schliefen, die Wanduhr schlug ihren einförmigen Takt, vor den klappernden Fenstern sauste der Wind; abwechselnd wurde die Stube hell von dem Schimmer des Mondes. Der Jüngling lag unruhig auf seinem Lager, und gedachte des Fremden und seiner Erzählungen. Nicht die Schätze sind es, die ein so unaussprechliches Verlangen in mir geweckt haben, sagte er zu sich selbst; fern ab liegt mir alle Habsucht: aber die blaue Blume sehn' ich mich zu erblicken. Sie liegt mir unaufhörlich im Sinn, und ich kann nichts anders dichten und denken. So ist mir noch nie zu Muthe gewesen: es ist, als hätt' ich vorhin geträumt, oder ich wäre in eine andere Welt hinübergeschlummert; denn in der Welt, in der ich sonst lebte, wer hätte da sich um Blumen bekümmert, und gar von einer so seltsamen Leidenschaft für eine Blume hab' ich damals nie gehört. Wo eigentlich nur der Fremde herkam? Keiner von uns hat je einen ähnlichen Menschen gesehn; doch weiß ich nicht, warum nur ich von seinen Reden so ergriffen worden bin; die Andern haben ja das Nämliche gehört, und Keinem ist so etwas begegnet. Daß ich auch nicht einmal von meinem wunderlichen Zustande reden kann! Es ist mir oft so entzückend wohl, und nur dann, wenn ich die Blume nicht recht gegenwärtig habe, befällt mich so ein tiefes, inniges Treiben: das kann und wird Keiner verstehn. Ich glaubte, ich wäre wahnsinnig, wenn ich nicht so klar und hell sähe und dächte, mir ist seitdem alles viel bekannter.“[31]
Fraglich ist jedoch, ob in der Wegwarte etwa eine reale Entsprechung des Symbols der Romantik, der „blauen Blume“, gesehen werden kann, das diesem Roman von Novalis entstammt.
Gedanken aus geistiger Forschung
Rudolf Steiner, der Begründer der Anthroposophie, teilt den Gedanken mit, dass die unterschiedlichen Farben der Blumen kosmische Ursachen haben und die bläuliche Farbe der Wegwarte einen kosmischen Zusammenhang zum Saturns erahnen lässt:

- „Man schaut sich die gelbe Sonnenblume an: sie wird nicht ganz mit Recht Sonnenblume genannt, sie wird nur wegen ihrer Form so genannt, wegen ihrer Gelbheit müßte sie eigentlich genannt werden Jupiterblume, denn die Kraft des Jupiter, die die kosmische Sonnenkraft unterstützt, bringt in den Blüten die weiße und die gelbe Farbe hervor. Treten wir an eine Wegwarte, die Zichorie mit ihrer bläulichen Farbe heran, so müssen wir in dieser bläulichen Farbe die Saturnwirkung ahnen, die die Sonnenwirkung unterstützt. Wir haben also die Möglichkeit, durchaus in der roten Blüte den Mars zu sehen. Wir haben die Möglichkeit, in der weißen, in der gelben Blüte den Jupiter zu sehen, und wir sehen in der blauen Blüte den Saturn, und in dem grünen Blatt sehen wir die eigentliche Sonne.
- „Das aber, was da in der Färbung der Blüte erscheint, das wirkt als Kraft nun ganz besonders stark in der Wurzel. Denn da wirkt dieses in den fernen Planeten Lebende, Kraftende, eben wiederum in dem Erdboden darinnen. Es ist durchaus so, daß wir uns sagen müssen: Reißen wir eine Pflanze aus der Erde, haben unten die Wurzel, so ist in der Wurzel das Kosmische, in der Blüte ist am meisten das Irdische, nur in der feinsten Nuancierung mit der Farbe wäre das Kosmische.“[32]
Heinz Grill drückt aus, dass die herbstliche Wegwarte an den Wiesenhainen und Wegrändern mit ihren bläulichen Blüten ihre stille Beruhigung zeigt:
- „Diese herbstliche Pflanze ist ein Sinnbild für die Kraft im Nervensystem, die zu jener Stärke des Gleichmutes führt, die über den Dualitäten und Bedrängnissen des Lebens eine weite Sicht und Klarheit bewahrt.“[33]
Hellsichtige Betrachtung allgemein zu den Pflanzen
Rudolf Steiner sieht einen Zusammenhang zwischen den Pflanzen und dem Erdorganismus. Geistig gesehen ist die Erde nicht nur reine Materie, sondern ein geistiges Wesen:
- „Was sind nun die Pflanzen in dem ganzen Gewebe des Seins? Wir könnten sagen: Wenn der Frühling herannaht, beginnt der Erdenorganismus zu denken und zu fühlen, weil die Sonne mit ihren Wesen seine Gedanken und Gefühle herauslockt. Die Pflanzen sind für den Erdenorganismus nichts anderes als eine Art Sinnesorgane, die jeden Frühling von neuem erwachen, damit der Erdenorganismus mit seinem Denken und Fühlen in dem Bereich der Sonnenwirksamkeit sein kann. Wie sich im Menschenorganismus das Licht das Auge schafft, um durch das Auge als «Licht» erscheinen zu können, so schafft sich der Sonnenorganismus am Erdenorganismus in jedem Frühling die ausgebreitete Pflanzendecke, um durch diese Pflanzendecke sich selber zu beschauen, zu fühlen, zu empfinden, zu denken. Nicht etwa sind die Pflanzen unmittelbar die Gedanken der Erde zu nennen, aber sie sind die Organe, durch welche die im Frühling aufwachende Organisation der Erde mit der Sonne zusammen ihre Gefühle und Gedanken entwickelt. Wie wir unsere Nerven vom Gehirn ausgehen sehen und Augen und Ohren mit den Nerven zusammen unser Empfindungs- und Vorstellungsleben entwickeln, so sieht der Geistesforscher in dem, was sich abspielt zwischen Erde und Sonne mit Hilfe der Pflanzen, das wunderbare Weben einer kosmischen Gedanken-, Gefühls- und Empfindungswelt. […]
- Für die Geistesforschung ist die Erde ein geistiges Wesen, und die Gedanken und Gefühle erwachen in jedem Frühling und gehen den Sommer hindurch durch die Seele unserer ganzen Erde.“[34]
Heinz Grill weist darauf hin, dass die Natur in ihrer pflanzlichen Vielfalt einen wesenhaften Abdruck für das innere Charakterleben des Menschseins gibt:
- „In jeder Blüte oder Pflanze lebt auf elementarer Stufe eine Art Charaktereigenschaft. Der Mensch bildet diese Eigenschaft in seinem Seelenleib aus, während die Pflanze sie als stille Geste in sich apersonal trägt.“ […]
- „Wenn der Heilpraktiker beispielsweise die Natur erforschen will und gewisse Pflanzen in ihrem inneren Zusammenhang und ihrer Heilsbedeutung ergründet, so ist es günstig, wenn er sich bewusst wird, dass jede Pflanze ein geistiges Abbild, eine wesenhafte Zugehörigkeit zum ganzen Menschsein besitzt und aus dem Menschsein oder Geistsein als eigenständiges Wesen herausgeboren ist. Die Natur in ihrer pflanzlichen Vielfalt gibt einen wesenhaften Abdruck für das innere Charakterleben des Menschseins und schenkt einen Ausdruck für das Lebensgefüge des menschlichen Daseins. Der große Forscher Edward Bach hatte beispielsweise diese Arbeit auf wundersame Weise geleistet und publiziert.“[35]
Siehe auch
Literatur
- Manfred A. Fischer, Karl Oswald, Wolfgang Adler: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. 3., verbesserte Auflage. Land Oberösterreich, Biologiezentrum der Oberösterreichischen Landesmuseen, Linz 2008, ISBN 978-3-85474-187-9. (Abschnitte Beschreibung, Verbreitung).
- Siegmund Seybold (Hrsg.): Schmeil-Fitschen interaktiv. CD-Rom. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2002, ISBN 3-494-01327-6. (Abschnitte Beschreibung, Verbreitung)
- Gustav Hegi, Illustrierte Flora von Mitteleuropa, VI. Band, Zweite Hälfte, J. F. Lehmanns Verlag, München, 1929, S. 993–997. (Digitalisat)
- Cichorium intybus. In: mansfeld.ipk-gatersleben.de. (Abschnitt Systematik). Abgerufen am 30. März 2025.
- Wolf-Dieter Storl, Paul Pfyl: Bekannte und vergessene Gemüse – Heilkunde, Ethnobotanik, Rezepte. AT-Verlag, Aarau 2002, ISBN 3-85502-808-7.
- Quanzhen Wang, Jian Cui: Perspectives and utilization technologies of chicory (Cichorium intybus L.). In: African Journal of Biotechnology. Band 10, 14. März 2011.
Weblinks

- Steckbriefe zu den Gefäßpflanzen Bayerns. Cichorium intybus L. In: daten.bayernflora.de. Abgerufen am 30. März 2025.
- Thomas Meyer: Gattung: Wegwarte (Cichorium). In: blumeninschwaben.de. Abgerufen am 30. März 2025.
- Günther Blaich: Cichorium intybus L. In: guenther-blaich.de. Abgerufen am 30. März 2025.
- Kai Hagemeister: Wegwarte. In: heilpflanzenkatalog.net. Abgerufen am 30. März 2025.
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. etwa Ute Obhof: Rezeptionszeugnisse des „Gart der Gesundheit“ von Johann Wonnecke in der Martinus-Bibliothek in Mainz – ein wegweisender Druck von Peter Schöffer. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018, S. 25–38, hier: S. 35 (Cicorea „wegwarten“).
- ↑ Vgl. auch Otto Beßler: Prinzipien der Drogenkunde im Mittelalter. Aussage und Inhalt des Circa instans und Mainzer Gart. Mathematisch-naturwissenschaftliche Habilitationsschrift, Halle an der Saale 1959, S. 171 („Cicorea – wegewarten oder sunnen wyrbel, sponsa solis […], eliotropia, intuba, cicoria, Dyonisia, sol sequium […], solsequium“).
- ↑ Plinius der Ältere: C. Plinii Secundi Naturalis historia. Hrsg. von D. Detlefsen, I–VI (in 3 Bänden), Berlin 1866–1882, hier: Band 3, S. 219 f.: Plinius XX, 74 f. („Cichorium refrigerat […]“).
- ↑ Vgl. Wouter S. van den Berg (Hrsg.): Eene Middelnederlandsche vertaling van het Antidotarium Nicolaï (Ms. 15624–15641, Kon. Bibl. te Brussel) met den latijnschen tekst der eerste gedrukte uitgave van het Antidotarium Nicolaï. Hrsg. von Sophie J. van den Berg, N. V. Boekhandel en Drukkerij E. J. Brill, Leiden 1917, S. 219.
- ↑ Helmut Genaust: Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen. 2., verbesserte Auflage. Birkhäuser, Basel/Boston/Berlin 1983, ISBN 3-7643-1399-4.
- ↑ Corinne Buch, Annette Höggemeier: Cichorium intybus – Gewöhnliche Wegwarte (Asteraceae): Gemüse des Jahres 2005, Blume des Jahres 2009, Heilpflanze des Jahres 2020. In: Der Palmengarten. Band 84, Nr. 1, 24. August 2020, ISSN 2570-1290, S. 11–17. (Online)
- ↑ Hochspringen nach: 7,00 7,01 7,02 7,03 7,04 7,05 7,06 7,07 7,08 7,09 Gerhard Wagenitz et al.: Familie Compositae II. S. 993–997. In: Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 2. Auflage Band VI, Teil 3, Verlag Paul Parey, Berlin, Hamburg 1987, ISBN 3-489-86020-9.
- ↑ Vgl. auch Andreas Mettenleiter: Das Juliusspital in Würzburg. Band III: Medizingeschichte. Herausgegeben vom Oberpflegeamt der Stiftung Juliusspital Würzburg anlässlich der 425jährigen Wiederkehr der Grundsteinlegung. Stiftung Juliusspital Würzburg (Druck: Bonitas-Bauer), Würzburg 2001, ISBN 3-933964-04-0, S. 801: „Wegwarth, weiß und gemein, Cichorium“, in Oeconomia von 1579.
- ↑ Hochspringen nach: 9,0 9,1 9,2 Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 975.
- ↑ Pavol Prokop, Dominika Molnárová, Jana Fančovičová, William Medina-Jerez: Seasonal variability in flower lifespan in common chicory (Cichorium intybus L.). In: Flora. Morphology, Distribution, Functional Ecology of Plants. Band 284, 2021, ISSN 0367-2530. (Online)
- ↑ Hochspringen nach: 11,0 11,1 John L. Strother: Cichorium. In: Flora of North America Editorial Committee (Hrsg.): Flora of North America North of Mexico. Volume 19: Magnoliophyta: Asteridae, part 6: Asteraceae, part 1 (Mutisieae–Anthemideae). Oxford University Press, New York und Oxford, 2006, ISBN 0-19-530563-9. (Online)
- ↑ Hochspringen nach: 12,0 12,1 Datenblatt Cichorium intybus L. In: Plants of the World Online von Royal Botanic Gardens, Kew.
- ↑ Bernd Gehlken: Cichorium intybus-Wegrandgesellschaften. In: Notizbuch der Kasseler Schule. Kassel 62. 2003, S. 54–78.
- ↑ Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 2, IHW, Eching 2004, ISBN 3-930167-61-1, S. 653.
- ↑ Cichorium intybus L. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 7. Mai 2023.
- ↑ Gemeine Wegwarte. In: floraweb.de. Abgerufen am 30. März 2025.
- ↑ Harsh Pal Bais, GA Ravishankar: Cichorium intybus L – cultivation, processing, utility, value addition and biotechnology, with an emphasis on current status and future prospects. In: Journal of the Science of Food and Agriculture. Band 81, Nr. 5, April 2001, ISSN 0022-5142, S. 467–484. (doi:10.1002/jsfa.817, englisch)
- ↑ Cichorium intybus.. In: heilpflanzen-welt.de. Gerhard Madaus: Lehrbuch der biologischen Heilmittel. Thieme, Leipzig 1938. Abgerufen am 30. März 2025.
- ↑ Cichorium intybus Wegwarte. Monographie BGA/BfArM (Kommission E). Bundesanzeiger. 1987 Apr. 23;76. Abgerufen am 30. März 2025.
- ↑ W. Blaschek, S. Ebel, E. Hackenthal, U. Holzgrabe, K. Keller, J. Reichling, V. Schulz (Hrsg.): Hagers Handbuch der Drogen und Arzneistoffe. HagerROM. Springer, Heidelberg 2006.
- ↑ Die Blauwarte ist die "Pflanze Europas 2005" – Wildgemüse und Heilpflanze / Beruhigende Wirkung. In: Ärzte Zeitung. 8. Dezember 2004. Archivlink, abgerufen am 30. März 2025.
- ↑ Wegwarte ist Heilpflanze des Jahres 2020. In: pharmazeutische-zeitung.de. Artikel vom 5. Juni 2019, abgerufen am 30. März 2025.
- ↑ Cichorium Stanno cultum. In: vademecum.org. Abgerufen am 31. März 2025.
- ↑ Chicory. Chicory – Die Blüte der Besitzergreifung In: doc-nature.com. Abgerufen am 4. April 2025.
- ↑ S. G. Fleischhauer, J. Guthmann, R. Spiegelberg, Essbare Wildpflanzen, AT-Verlag, Baden und München, 8. Auflage, 2010, ISBN 978-3-03800-335-9, S. 150–151, 230.
- ↑ Christian Gottlieb Förster: Geschichte von der Erfindung des Cichorien-Caffee. Georg Ludewig Förster, Bremen 1773.
- ↑ Thomas Hengartner, Christoph Maria Merki (Hrsg.): Genussmittel: Ein kulturgeschichtliches Handbuch. 1. Edition. Campus Verlag, 1999, ISBN 978-3593363370, S. 109.
- ↑ Udelgard Körber-Grohne: Nutzpflanzen in Deutschland von der Vorgeschichte bis heute. Theiss, Stuttgart 1995, ISBN 3-933203-40-6, S. 287–292.
- ↑ Heinrich Marzell: Zauberpflanzen Hexentränke. Brauchtum und Aberglaube (= Kosmos Bibliothek. Band 241). Stuttgart 1963, S. 30.
- ↑ Stichmann-Marny, 1994.
- ↑ Novalis: Schriften. Die Werke Friedrich von Hardenbergs. Band 1, Stuttgart 1960–1977. Fragment. Entstanden 1799–1800. Erstdruck des 1. Teils: Berlin (Reimer) 1802. Erstdruck des 2. Teils und von Tiecks Bericht in: Schriften, Berlin 1802. (Online)
- ↑ Rudolf Steiner: Geisteswissenschaftliche Grundlagen zum Gedeihen der Landwirtschaft. Landwirtschaftlicher Kurs. GA 327. 8. Auflage. Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1999, ISBN 3-7274-3270-5, S. 55–56. (Online)
- ↑ Heinz Grill: Die Vergeistigung des Leibe. Ein künstlerisch-spiritueller Weg mit Yoga. 2. Auflage. Lammers-Koll-Verlag, 2004, 978-3-935925-93-8, S. 80.
- ↑ Rudolf Steiner: Antworten der Geisteswissenschaft auf die großen Fragen des Daseins. GA 60. 2. Auflage. Rudolf Steiner Verlag, Dornach 1983, ISBN 3-7274-0600-3, S. 171 f. (Online)
- ↑ Heinz Grill: Übungen für die Seele. 3., erweiterte Auflage. Synergia Verlag, 2022, ISBN 978-3-906873-33-6, S. 172–174.
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